Die Arbeitswelt hat sich zweifelsohne dramatisch verändert. Die Zahl der prekären Jobs und der Teilzeitbeschäftigten steigt von Jahr zu Jahr. Das schlägt sich natürlich auch im Einkommen und in weiterer Folge bei der Zahl der Mindestsicherungs-Bezieher nieder. Dennoch sind Aussagen, wonach nur jeder zweite Anspruchsberechtigte tatsächlich die Mindestsicherung bezieht, mit Vorsicht zu genießen. Nicht jeder, der wenig verdient, ist auch hilfsbedürftig. Nicht zuletzt deshalb wird bei der Mindestsicherung auch die Vermögenssituation miteinbezogen.

Klar ist aber auch: Selbst wenn die 50 Prozent zu hoch gegriffen sind, gibt es nach wie vor Menschen, die aus Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung darauf verzichten, einen Antrag zu stellen. Vor allem am Land ist das noch immer ein Problem. Daran hat sich auch nach der Reform der früheren Sozialhilfe nicht viel geändert.

Die als großer Wurf angepriesenen Änderungen hatten von Anfang an ihre Mängel. Ein österreichweit einheitliches System gibt es noch immer nicht. Darauf haben die Länder gedrängt, die zwar nach außen hin gerne nach sozialen Verbesserungen rufen, im eigenen Bereich aber oft eine gegenteilige Politik betreiben. So gab es immer wieder Fälle, in denen Betroffene nach der Reform weniger ausbezahlt bekamen – obwohl es offiziell ein Verschlechterungsverbot gab. Verantwortlich dafür ist das komplizierte System bei den Wohnbeihilfen.

Die Komplexität des österreichischen Verwaltungsapparats führt auch dazu, dass immer wieder Neiddebatten (Stichwort soziale Hängematte) aufkommen. Natürlich kann man sich von 800 Euro kein Leben in Saus und Braus leisten. Dennoch sollte es Teil einer modernen Verwaltung sein, laufend zu überprüfen, ob die geleisteten Zahlungen zu Recht erfolgt sind und auch bei den richtigen ankommen.

In der Praxis ist das offenbar nicht immer der Fall, wie zuletzt ein Bericht des Wiener Kontrollamtes zeigte. Regelmäßige Überprüfungen von Anspruchsvoraussetzungen fanden demnach nicht statt, wie es unmissverständlich hieß. Eingeschlafen ist auch die Diskussion über die so genannte Transparenzdatenbank, die Licht ins Dunkel des heimischen Förderdschungels bringen sollte. Zwar ist sie mittlerweile online, allerdings ohne die Länderförderungen, auf die es eigentlich ankommen würde. So lange es aber hier nicht gelingt, wirklich für Transparenz zu sorgen, wird es immer wieder Neidebatten geben – auch wenn sie unberechtigt sind.