Skandinavisches Design ist international renommiert. Was weniger bekannt ist: Auch die Tischkultur wurde im hohen Norden revolutioniert, wie das "Designqvist" in der Wiener Westbahnstraße zeigt. - Teil 2 der Serie widmet sich ausgewählten Vintage-Shops im 7. Bezirk

Skandinavische Designer punkten unumstritten durch Kreationen mit denen sich die Mühen des Alltags schöner und leichter ertragen lassen. Legendär die Entwürfe von Aino und Alvar Aalto, Nanna Ditzel, Poul Henningsen, Arne Jacobsen, Erik Magnussen, Antti Nurmesniemi, Verner Panton oder Jens Quistgaard. Allerdings genießen hier in erster Linie Stühle, Sessel, Tische und Lampen die größte Aufmerksamkeit. - Doch der Norden kann weitaus mehr, wie ein Blick auf die - in unseren Breitgraden weniger bekannte - Tischkultur zeigt.

"Mehr als anderswo auf der Welt haben die Kunsthandwerker und Designer in Skandinavien einen demokratischen Geltungsansatz entwickelt und gepflegt, der nach sozialer Vollkommenheit strebt und die Lebensqualität durch angemessene und bezahlbare Technologien und Produkte zu verbessern sucht", schreiben Charlotte und Peter Fiell in ihrem Buchklassiker "Skandinavisches Design". Nach Meinung der Autoren bahnte sich so der "Ethos der Humanität, der auf den Protestantismus lutherischer Prägung zurückgeht" seinen Weg. - Oder weniger pathetisch formuliert: Es zählt weniger was auf den Teller kommt, sondern vielmehr die "Verpackung".

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Im siebten Wiener Gemeindebezirk ist das kleine, feine "Designqvist" die erste Adresse in Sachen Pfannen, Töpfe, Bräter, Kannen und Besteck aus Dänemark & Co. Shopinhaberin Sandra Nalepka legt hier den Fokus auf die Emaille-Serie "Købenstyle", die 1954 vom Dänen Jens Harald Quistgaard für den US-amerikanischen Produzenten Dansk Designs entwickelt wurde (im Bild auf der rechten Seite) sowie auf Kochtöpfe der finnischen Firma Arabia Wärtsilä, deren Designs maßgeblich Seppo Mallat beeinflusste (links im Bild).

Foto: derStandard.at/gueb

Zudem gibt es Kaffee- und Teegeschirr der finnischen Porzellanwerke Arabia (Designer Kaj Franck) aus den späten 1940er- und frühen 50er-Jahren. Kanne mit Deckel um 110 Euro; Tasse mit Untertasse um 40 Euro.

Foto: derStandard.at/gueb

Daneben hat Sandra Nalepka eine beeindruckten Sammlung von Ess- und Tafelbesteck zu bieten. Etwa die Serie "Lido", die 1963 entworfen und von der Sølvvarefabrik auf der dänischen Insel Fün produziert wurde oder das Edelstahlbesteck "Fjord" mit Teakgriffen, für dessen Design sich Jens Harald Quistgaard verantwortlich zeichnete. Nordische Tischkultur hat allerdings auch ihren Preis: Ein Set - bestehend aus Messer, Gabel, Suppen- und Teelöffel - kostet zwischen 14 Euro und 35 Euro, wobei ausschließlich 6er oder 8er-Sets verkauft werden.

Foto: derStandard.at/gueb

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts trugen Arbeiter und Bauern im Alltag kragenlose Hemden. Sonntags und zu besonderen Anlässen wurde allerdings ein Umlegekragen angeknöpft - üblicherweise mit drei Doppelknöpfen aus Perlmutt. Diese Doppelknöpfe waren vertrackt klein und nicht selten passierte es, dass sie runterfielen und unter Kommoden oder Schränke rollten. So war der suchende Mann auf allen Vieren ein nicht seltenes Bild, das auch als Vorlage für die Kragenknopfdosen aus den 1930er-Jahren diente (Preis: 125 Euro).

Designqvist
Westbahnstraße 21, 1070 Wien
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 13:00 bis 19:00 Uhr
Samstag: 11:00 bis 17:00 Uhr

 

Foto: derStandard.at/gueb

Einen gänzlich anderen Ansatz als Sandra Nalepka verfolgt Michaela Neumann, Inhaberin des Altwarengeschäfts "Lemming" in der Lindengasse 7.

Angeboten wird alles, was gefällt, wobei der Schwerpunkt auf den 1950er- bis 70er-Jahren liegt. Preislich ist das Niveau sehr moderat, was vor allem daran liegt, dass namhafte Designerstücke hier eher die Ausnahme als die Regel sind.

Wanduhren der deutschen Firma Junghans ab 40 Euro. 

Foto: derStandard.at/gueb

Deckenlampen sind ebenfalls ab 40 Euro zu haben.

Foto: derStandard.at/gueb

Stuhl und Beistelltisch aus den 1950er-Jahren um 50 Euro beziehungsweise 40 Euro.

Lemming
Lindengasse 7, 1070 Wien
Öffnungszeiten:
Freitag und Samstag: 10:00 bis 19:00 Uhr

Foto: derStandard.at/gueb

Eine Vielfalt an originellen Vintage-Stücken ist an einer weiteren Adresse im siebten Bezirk zu finden. Seit 1982 betreibt Ares Ghalustians sein Geschäft "Antikes Dekor" in der Burggasse 88. Vor etwa drei Jahren hat Sohn Andranik den Handel mit Altwaren übernommen - allerdings ist der Vater nach wie vor kein seltener Gast.

Lampen, Uhren, Radiowecker, TV-Geräte, Vasen, Aschenbecher, Uhren, Geschirr ... bis hin zu Modepuppen aus den 1970er-Jahren stapeln sich im etwa 20 Quadratmeter großen Shop.

Foto: derStandard.at/gueb

Der Schwerpunkt liegt weniger auf Möbeln, sondern vielmehr auf Wohnaccessoires. Ungarische Lampe mit Uhr um 100 Euro, Radiowecker aus Japan kostet 120 Euro. Sämtliche Elektrogeräte sind laut Angaben von Ares Ghalustians voll funktionstüchtig.

Foto: derStandard.at/gueb

Pendeluhr um 140 Euro.

Foto: derStandard.at/gueb

Porzellanfiguren ab 50 Euro, die teuersten Exemplare belaufen sich auf etwa 100 Euro.

Antikes Dekor
Burggasse 88, 1070 Wien
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Freitag: 15:00 bis 18:00 Uhr

(gueb, derStandard.at, 10.9.2013)

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Foto: derStandard.at/gueb