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Darf ich bitten? Die Initiative "Damenwahl" fordert die Parteien zum Nachschärfen ihrer frauenpolitischen Ziele auf.

Foto: APA/Volkskultur Niederösterreich

25-mal gilt es sich zu entscheiden: ja, nein, keine Angabe? Und dann muss gewichtet werden: Ist einer das Thema sehr wichtig, weniger wichtig, gar nicht wichtig? So weit, so bekannt. Die "Wahlkabine" gibt es seit 2002. Das virtuelle Wahllokal will WählerInnen helfen, ihre Ansichten mit jenen der Parteien abzugleichen. In der Detailauswertung erfährt man dann, mit welcher Partei man bei welcher Frage auf einer Wellenlänge liegt. Oft ist auch ein Begründungssatz der jeweiligen politischen Gruppe zu finden, warum diese oder jene Position vertreten wird. Das alles soll der Antwort auf eine einzige Frage dienen: Wen soll ich bitte wählen?

Feinjustieren

Wer sich bei der "Wahlkabine" eine erste Orientierung für die bevorstehende Nationalratswahl geholt hat, kann die Suche nach der richtigen Partei demnächst auf damenwahl.co.at feinjustieren. Technisch weniger aufwendig als die "Wahlkabine", inhaltlich aber sehr anspruchvoll screent das achtköpfige Team die Parteiprogramme auf jene Passagen, die die Gleichstellung von Frauen und Männern betreffen.

Zur Kriterienbestimmung hat das Team einen 51 Seiten starken Forderungskatalog verfasst, der nun mit den Positionen der Parteien abgeglichen wird. "Wir schauen uns an, was in den Programmen sinngemäß oder wörtlich vorkommt", sagt Mitinitiatorin Maggie Jansenberger im Gespräch mit dieStandard.at. Die Grazer Frauenbeauftragte macht sich nicht zum ersten Mal an die Arbeit, kennt also ihre Pappenheimer. "Die FPÖ hat bis jetzt immer schlecht abgeschnitten", erinnert sich Jansenberger, die Grünen und die KPÖ hatten bei der letzten Auswertung anlässlich der Grazer Gemeinderatswahl den höchsten Grad an Deckungsgleichheit mit den Forderungen der "Damenwahl".

Durchleuchten

Das muss nicht so bleiben. Das Team Stronach hat womöglich gute Chancen, die Freiheitlichen bei der Nichtbeachtung frauenrelevanter Fragen zu überholen. "Ich glaube, das müssen wir alles noch einmal genau durchleuten", gießt Teamchef Frank Stronach eines seiner frauenpolitischen Ziele im Gespräch mit der "Wienerin" in Wortform. Im Grundsatzprogramm geht es ein wenig konkreter. Da ist von gleichem Lohn für gleiche Arbeit die Rede. Wie diese Forderung umgesetzt werden soll, bleibt offen.

Natürlich kenne sie mittlerweile die "immergleichen Textbausteine, mit denen gearbeitet wird", sagt Jansenberger. Und auch die Flopthemen haben sich seit dem Start der "Damenwahl" im Jahr 2010 nicht verändert: Sexismus in der Werbung wurde bislang von allen wahlwerbenden Parteien links liegengelassen. Wie überhaupt frauenpolitisch relevante Themen kaum Platz in der aktuellen Wahlauseinandersetzung finden. Da freut sich Jansenberger sogar über die Debatte über eine Erhöhung des Frauenpensionsalters - die regt zwar auf, nimmt aber wenigstens ein für Frauen relevantes Thema in den Fokus. Darüber hinaus: tote Hose.

Ignorieren

Diesen Befund teilt auch das Unternehmen Media Affairs, das sich das Engagement und die Präsenz von PolitikerInnen und Parteien beim Thema Frauenpolitik im Zeitraum Mai/Juni 2012 und Mai/Juni 2013 angesehen hat. Dabei kommt es zu folgendem Zwischenergebnis: "Trotz anstehender Nationalratswahl und der Tatsache, dass etwa 50 Prozent der potenziellen Wählerschaft weiblich sind, wird frauenpolitischen Agenden seitens der Regierungs- und Oppositionsparteien nur bemerkenswert wenig Aufmerksamkeit geschenkt."

In der Detailauswertung wird der SPÖ die parteiinterne Frauenministerin als Joker ausgelegt: Diese erreiche immer wieder mediale Aufmerksamkeit, allerdings "nur bedingt im Rahmen der Frauenpolitik". Bis dato sei Gabriele Heinisch-Hosek vor allem im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum Lehrerdienstrecht in Erscheinung getreten.

Auch die anderen Parteien würden sich nur sporadisch zu frauenrelevanten Themenbereichen äußern. Media Affairs nennt das "Frauenpolitik auf Sparflamme" und befindet: Meist würden nur jene Themen abgehandelt, "die entweder von EU-Ebene vorgegeben werden" oder sich "aus aktuellem Anlass aufdrängen". Ein Beispiel für Ersteres: die Quotenregelung, das Pensionsantrittsalter bei Frauen. Ein Beispiel für Zweiteres: die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs.

Nachbessern

Auf dem Papier geht es auch anders, weiß Frauenbeauftragte Jansenberger aus Erfahrung: "Zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben haben alle Parteien etwas zu sagen." Dabei ist das aus dem Blickwinkel der "Damenwahl" sehr ambivalent: Gerade die Vereinbarkeitsfrage ist oder sollte zumindest kein rein frauenpolitisches Thema sein.

Das "Damenwahl"-Team hegt die Hoffnung, mit seiner Initiative dazu beizutragen, dass die Parteien in Sachen Frauenpolitik noch einmal ihre Wahlprogramme "nachbessern". Demnächst will man das Monitoring abschließen und die Ergebnisse rechtzeitig vor der Wahl auf der Homepage präsentieren. Aber auch davor lohnt sich das Hineinschauen in das "Damenwahl"-Programm. Um sich genau mit jenen Fragen zu konfrontieren, über die im politischen Alltag kaum bis gar nicht diskutiert wird. (Karin Riss, dieStandard.at, 1.9.2013)