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Eine Gasstation nördlich von Kiew: Mehrmals musste Europa im Winter zittern, weil wegen Streitigkeiten zwischen Russland und der Ukraine der Gasfluss Richtung Westen unterbrochen war.

Foto: Reuters/Garanich

Wien - Österreich hat dank guter geologischer Voraussetzungen die meiste Speicherkapazität bei Gas pro Kopf der Bevölkerung in Europa. Die wird im Moment aber nicht genützt - oder zu wenig. "Der Füllstand der Speicher liegt derzeit bei 47 bis 48 Prozent. Üblicherweise sind die Speicher Anfang September zu 70 bis 80 Prozent gefüllt", sagte Michael Schmöltzer, Leiter der zum deutschen Eon-Konzern gehörenden Gas Storage Austria, dem STANDARD.

Ein Grund dafür sei, dass die Speicher im vorigen Winter extrem entleert wurden, nicht nur in Österreich, in ganz Europa. Als in Großbritannien Ende März die Großhandelspreise wegen einer lang anhaltenden Kälteperiode um etwa 30 Prozent in die Höhe schossen, hatte dies Auswirkungen auch auf die deutsche Gasbörse: Eine Megawattstunde Gas (MWh) kostete plötzlich mehr als 40 Euro.

Händler verdienten gut

Diese Situation nutzten auch Gashändler in Österreich, die von den überdurchschnittlich hohen Preisen im Nachbarland profitierten. Die Folge war, dass die Gasspeicher auf österreichischem Staatsgebiet im April bis auf elf Prozent entleert waren. So wenig Gas hatte man nicht einmal nach dem russisch-ukrainischen Knatsch 2009 vorrätig, in dessen Folge für einige Zeit kein Pipelinegas nach Österreich kam und der Gesamtbedarf Speichern entnommen werden musste. "Üblicherweise sind die Speicher am Ende der Heizperiode noch zu 30 bis 40 Prozent gefüllt," sagte Schmöltzer, der vor seinem Eon-Job bei der E-Control für den Gasbereich zuständig war.

Größter Speicherbetreiber in Österreich ist die EVN-Tochter RAG (Rohölaufsuchungsgesellschaft). Sie kann derzeit rund fünf Milliarden Kubikmeter bunkern und ist dabei, die Kapazität um weitere 700 Millionen Kubikmeter zu erhöhen. Zusätzlich gibt es noch 2,3 Milliarden Kubikmeter, die die OMV an Speichervolumen verwaltet. Zum Vergleich: Der Inlandsverbrauch hat sich in den vergangenen Jahren bei acht bis neun Milliarden Kubikmeter bewegt.

RAG-Chef Markus Mitteregger bestätigt, dass der Füllstand der Speicher "niedriger ist als normalerweise um diese Zeit". Das sei aber kein Grund zur Besorgnis. "Seit Juli wird wieder auf Hochdruck eingespeichert; wenn das so weitergeht, sind wir Ende Oktober auf einem vergleichbaren Niveau wie in den vergangenen Jahren."

Für Bernhard Painz, den Leiter der Gasabteilung in der E-Control, ist die augenblickliche Situation "durchaus nachvollziehbar". Üblicherweise sei Gas im Sommer deutlich billiger als im Winter. Heuer sei alles anders und der Anreiz für Händler und Gasversorger, bereits im Mai und Juni einzuspeichern, nicht gegeben gewesen. Händler spekulierten offenbar damit, sich Gas auch in den Wintermonaten günstig auf den Spotmärkten besorgen zu können.

Beruhigt sei man trotz der im Moment noch vergleichsweise niedrigen Speicherstände auch aus anderen Gründen. "Die Speicherkapazität hat sich vergrößert - von 32.000 Gigawattstunden (GWh) im Jahr 2005 auf nunmehr 83.000; gleichzeitig ist der Verbrauch gesunken - von 100.000 GWh 2005 auf zuletzt 91.000", sagte Painz. Und anders als beim letzten Konflikt zwischen Russland und der Ukraine gebe es inzwischen auch eine Versorgungsmöglichkeit aus Deutschland.

Gas aus Windstrom

Eon-Mann Schmöltzer ist überzeugt, dass Gasspeicher noch eine zusätzliche Bedeutung gewinnen werden. In der Vorwoche hat Eon in Falkenhagen (Brandenburg) eine gut fünf Millionen Euro teure Pilotanlage in Betrieb genommen, wo Windenergie in Wasserstoff umgewandelt und ins Erdgasnetz eingespeist wird. Gasspeicher könnten zusammen mit der gut ausgebauten Gasinfrastruktur als Puffer dienen, um Schwankungen beim Aufkommen von Wind- und Solarenergie abzufedern. Milliardenteure Investitionen in Hochspannungsleitungen könnten dadurch vermieden werden. (Günther Strobl, DER STANDARD, 2.9.2013)