In schöner Regelmäßigkeit läuten erregte junge Männer an unserer Wohnungstür Alarm. Manche haben Tattoos, manche fahren Motorrad. Manchmal schicken sie auch ihre Frauen. In aller Heftigkeit fordern sie sofortigen Vollzug. Und berufen sich bei ihrem Begehr auf einen Gemeinschaftssinn, an dem es uns angeblich eklatant mangeln würde. Weil wir diesen Vollzug immer strikt ablehnen. Weil wir stets aufs Neue ihre hereinbrechende Erregung nicht teilen oder gar lindern wollen. Weil wir einfach nicht so empfinden.

Und dennoch, einmal haben wir dem Drängen der Jugend doch nachgegeben, haben uns im Sinne der eingeforderten Gemeinschaft verhalten: Wir waren richtig ruhig. Das war so einfach wie schön. Wir brauchten bloß unsere Kinder fachgerecht geknebelt ans Bett zu fesseln und uns selbst vom Vollzug jedweder humaner Aktivität zu verabschieden. Ja selbst unsere Kreisläufe haben wir auf ein Minimum reduziert, um störende Klopfgeräusche zu vermeiden. Und da war es dann, klar und deutlich: Das betörende Donnern der Motoren von einer der Haupteinfallsstraßen Wiens. Und das prickelnde Gefühl, diesen reinen Genuss gerade jetzt hausgemeinschaftlich zu teilen.(Der Standard/rondo/1/8/2003)