(granthart.com)

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GRANT HART
The Argument (Domino)

Im kochenden Sommerloch erschienen, hätte das Album eines alten Hausheiligen milde ignoriert werden können, wenn es nicht geworden wäre, was es ist. Nämlich ziemlich super. Wegen seiner Mittäterschaft bei der US-Band Hüsker Dü unberührbar, beschritt das einstige Sonnenkind zuletzt eher den Weg der Bitterkeit, verlor Charme und Zähne und wirkte bei seinem letzten Auftritt in Wien, als hätte er seit zehn Jahren Sodbrand. Aber das zählt hier nicht. Grant Hart kredenzt mit The Argument eine musikalische Umsetzung von John Miltons Gedicht Paradise Lost in der Version von William S. Burroughs, mit dem Hart befreundet war. Klingt nach Publikumsgeißelung, zeitigt aber im größenwahnsinnigen Doppelalbumformat wunderbare Songs. Mit ungetrübtem Gespür für Melodien und deren effektvoller Verwirklichung bietet Hart hier Perlen wie Morningstar oder I Will Never See My Home. Angesiedelt zwischen Rock und Kammer-Pop mit Dreck unter den Nägeln. Fünf Songs weniger, und man könnte als von Harts Musik geprägtes Wesen "Meisterwerk!" rufen. In seiner tatsächlichen Gestalt hat es ein paar Fettpolster zu viel, aber wir werden ja alle nicht schöner. Jedenfalls gut, dass dieser Mann wieder aus dem Schatten getreten ist.

MUTAZIONE
Italian Electronic & New Wave Underground 1980-1988  (Strut/Hoanzl)

Dieses Doppelalbum mit zu 98 Prozent unbekannten Schattenkindern aus Pizzaland ginge als ein Album des Jahres durch, wäre es kein Sampler mit altem Stoff. Der klingt jedoch so frisch wie der Kellerlurch, den Zeitgenossen von The Knife bis zu The xx heute unter die Leute bringen. Mit Synthesizern aus der Steinzeit und Effekten aus dem Kinderfasching rumpelt, scheppert und wummert es hier so zeitlos wie überwältigend. Zwischen Atemlosigkeit und steifem Pathos offenbart sich eine Ästhetik, die damals kaum die Landesgrenzen überschritten hat, heute schafft sie das spielend. Großartig! (flu, Rondo, DER STANDARD, 6.9.2013)