Grafik: STANDARD

Wien - 276 Millionen Euro hat der Bund im Mai für den Wohnbau außertourlich zur Verfügung gestellt. Das Geld soll nach Einwohnern gestaffelt an die Länder verteilt werden und dort in den Neubau geförderter Wohnungen fließen. Bis zu 14.000 Wohnungen könnten damit gebaut werden, hieß es im Frühjahr.

Wohnbauforscher bezweifeln nun aber, dass das auch passieren wird: Die Auflagen des Bundes sind nämlich - positiv formuliert - eine "große Herausforderung" für die Länder, sagen Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) und Andreas Oberhuber von der Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen (FGW). Um das Geld vom Bund abholen zu können, müssen die Länder sowohl heuer als auch 2014 jeweils mehr Neubauwohnungen (ohne Wohnheime) fördern als im Schnitt der Jahre 2006 bis 2011. Und diese Latte liegt hoch - nämlich bei bundesweit 30.000 Wohneinheiten (Eigenheime und Geschoßwohnungen), wie Amann für den STANDARD errechnet hat. Woraus sich ergibt: "Bezogen auf die Förderungszusicherungen 2012 müssten die Länder um 21 Prozent zulegen, um diese Werte zu schaffen", so Amann.

In Wien wären laut seiner Rechnung immerhin um 16 Prozent mehr Wohneinheiten notwendig. Seitens der Stadt hieß es dazu recht vage, man werde alles unternehmen, um den Durchschnitt zu übertreffen. "Wir lassen sicher kein Geld vom Bund liegen", sagte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ). Die Auflagen seien "schwierig, aber machbar".

25.270 Einheiten im Vorjahr

Oberhuber hält es wegen der langen Vorlaufzeiten von Wohnbauten - meist drei bis fünf Jahre - aber für eher unwahrscheinlich, dass die Rechnung aufgeht. Ihm wurde seitens der Stadt ein Ziel von 5500 Wohneinheiten für heuer signalisiert. Angesichts des Einbruchs im Jahr 2011, als nur 2309 Wohnungen gefördert wurden, sei das zwar ein "erfreuliches Signal"; 2009 waren es aber noch 6700 geförderte Wohneinheiten in Wien. Auch deshalb, weil sich in den letzten Jahren ein Nachfragerückstau angehäuft habe, seien die 5500 von heuer für ihn jedenfalls "zu wenig".

Laut aktuellen Zahlen, die Amann am Montag präsentierte, lagen die bundesweiten Förderzusicherungen 2012 mit 25.270 Einheiten deutlich unter dem Zehn-Jahres-Schnitt. Länderweise ist dieser Rückstand aber höchst unterschiedlich, er reicht von sieben Prozent in Oberösterreich über zwölf Prozent in Wien bis zu 49 Prozent in der Steiermark.

Sowohl für Amann als auch für Oberhuber macht die beabsichtigte Aufteilung nach dem Bevölkerungsschlüssel beim Sonderwohnbauprogramm keinen Sinn: "Eine Unterdeckung mit leistbarem Neubau besteht vor allem in den größeren Landeshauptstädten. Zielwerte für ganze Länder sind insofern ein zu grober Rechen", so Amann. Auch Oberhuber drängt auf eine "stärkere Offensive in den innerstädtischen Lagen", insbesondere auch was den geförderten Wohnbau betrifft.

Bauen ohne Förderung

Amann wies am Montag zudem darauf hin, dass bei der Errichtung von Eigenheimen immer seltener die Wohnbauförderung mit im Spiel sei. Der sogenannte "Förderdurchsatz" habe sich seit Anfang der 1990er-Jahre von 90 auf nur noch 50 Prozent gesenkt; jedes zweite Eigenheim wird also bereits ohne Wohnbauförderung gebaut - eine "bedenkliche Entwicklung", weil damit die Bindung an strengere energetische Standards wegfalle und generell Lenkungseffekte der Wohnbauförderung verlorengingen. (Martin Putschögl, DER STANDARD, 10.9.2013)