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Was haben wir von Satelliten? Die europäische Weltrauminfrastruktur am Boden besser zu nützen ist dezidiertes Ziel der aktuellen Weltraumstrategie.

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Die Erfindung ist genial wie unscheinbar: Weder mit riesigen Satelliten noch mit schnellen Raketen wollen junge Techniker der HTL Ybbs den Weltraum erforschen. Sondern mit einer umgebauten Getränkedose - sie war eines der Highlights, das beim diesjährigen Space Day vergangene Woche in Wien zu sehen war. Vom Infrastrukturministerium und der österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG geladen, traf sich dabei die heimische Space Community im Technischen Museum.

Die Besonderheit der rot-weiß-rot eingefärbten Blechdose: In dem kleinen Gefäß brachten die Schüler Satellitentechnologie unter, die Temperatur, Luftdruck und UV-Strahlung messen und an eine Bodenstation übertragen kann. "Yes, we cansat!" nannten sie das Projekt, das sich 2012 für die europäische "CanSat Competition" qualifizierte.

Jährlich treffen dabei Schülerteams aus ganz Europa zusammen, um Minisatelliten zu entwerfen und zusammenzubauen. Schließlich werden die Hightech-Dosen mithilfe von Trägerraketen rund tausend Kilometer in die Höhe geschossen. Basisstationen werten in Echtzeit die gesammelten Daten aus. Das "Yes, we cansat!"-Team spickte seinen Satelliten zusätzlich mit einer Kamera und einem Sicherheitsspeicher.

Rakete aus Studentenhand

Für die Weiterentwicklung von Experimentalraketen engagiert sich das "Space Team" der Technischen Universität Wien. Zwölf Studierende aus unterschiedlichen Disziplinen haben den Verein vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Erst kürzlich schossen sie im Rahmen des französischen C' Space-Events ihre dritte Rakete ab. Nach Origin und Hornet startete heuer Black Bird.

Die letzte Konstruktion konnten die jungen Forscher leider nicht im Technischen Museum präsentieren - ihr Flug endete in einer Bruchlandung. Demotivieren lassen sie sich davon nicht. "Wir konnten alle Daten erheben und wissen genau, was passiert ist", erzählten sie. Der Verein plant weitere Raketenprojekte und sprach beim Space Day darüber, Forschungsgelder für diese aufzutreiben - der Blick wanderte dabei zu Ludwig Hofer, der in der FFG für das Austrian Space Applications Programme (ASAP) zuständig ist. ASAP ist die wichtigste Förderung für Weltraumforschung in Österreich und Fixpunkt im Strategiepapier. Von der FFG durchgeführt und vom Infrastrukturministerium finanziert, versteht es sich als "Hebelprogramm", wie Hofer erklärte.

Es sei darauf angelegt, die unterstützten Projekte in weiterer Folge in EU- und ESA-Programme hineinzuhebeln, damit sie sich etablieren können. Seit 2002 wurden 241 Projekte mit 55 Millionen Euro gefördert - industrielle sowie Grundlagenforschung; Einzelprojekte sowie Kooperationen; universitäre wie private Institutionen. Die zehnte Ausschreibung ist nun offen. Die Einreichfrist endet heuer am 4. November.

"Wir schreiben ASAP in einer interessanten Zeit aus", sagte Harald Posch vom Bereich Luft- und Raumfahrt der FFG. Auch das neue EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 bringe, wenn auch nicht viel mehr Geld, doch wesentlich mehr Entscheidungsmöglichkeiten für die Erforschung des Weltraums.

Die Erforschung und Nutzung des Weltraums wird zunehmend systematischer - das zeigte sich in zahlreichen Diskussionen am Space Day: Begriffe wie "Weltraumrecht" oder "Weltrauminfrastruktur" machen das deutlich.

Diskutiert wurden die Ausrichtung österreichischer Weltraumforschung in naher Zukunft und ihre Positionierung im internationalen Kontext. Im Speziellen wurden die Förderung junger Weltraumwissenschaft und die Rolle Österreichs in der Europäischen Weltraumorganisation ESA besprochen.

Weltraumtechniken nützen

Ingolf Schädler, Leiter des Bereiches Innovation im Infrastrukturministerium, meinte, die österreichische Weltraumforschung habe sich in den vergangenen zehn Jahren innerhalb der ESA stark etablieren können. "Das war in Zeiten der Krise nicht selbstverständlich." Als eines der großen bevorstehenden Themen bezeichnete Schädler eine gemeinsame europäische Lösung für den Bau der Trägerraketen der Serie "Ariane". Im Vordergrund stehe nun aber vor allem, dass sich all diese Investitionen in Weltraumforschung nicht allein finanziell, sondern durch die Nutzbarmachung neuer Dienstleistungen lohnen sollen. "Die Weltrauminfrastruktur soll am Boden gebündelt und weiterbenutzt werden", sagte Schädler. Wichtige Anwendungen für Österreich liegen neben der Satellitenkommunikation und Navigation im Bereich der Erdbeobachtung. Darunter fallen etwa Raumplanung, Hydrologie und Waldmonitoring.

Dies zeigt auch die aktuelle "Strategie für österreichische Weltraumtätigkeiten". Das im November 2012 beschlossene Papier (siehe Wissen) wurde im Rahmen des Space Day diskutiert. Diese besagt unter anderem, dass Österreich in der ESA noch sichtbarer werden und wichtige Positionen besetzen soll.

Gleich mehrere Veranstaltungen in Wien drehen sich derzeit ums All: Die Konferenz "Space in a changing world" zu Weltraumrecht beginnt heute, am 11. September, am Wiener European Space Policy Institute (ESPI). Beim FFG-Forum am 18. September im Museumsquartier wird Weltraumforschung ein Thema sein.

Und auch das Technische Museum bleibt der Thematik treu. Viele der Wissenschafter, die dem Space Day beiwohnten, trugen zur Ausstellung "Space - Auf in den Weltraum!" bei, die am 24. Oktober hier eröffnet wird. (Julia Grillmayr, DER STANDARD, 11.9.2013)