Neben dem Standort Lobkowitzplatz verfügt Patrick Kovacs noch über perfekt organisierte 300 Lagerquadratmeter.

Foto: Patrick Kovacs

Wir brauchen keine jungen Antiquitätenhändler, hatte ihn der Altvordere Erich Herzfeld angebellt. Wenn überhaupt, dann solle er bitte mit Jugendstil handeln, denn das interessiere den Kunsthandel nicht. Patrick Kovacs folgte dieser Empfehlung, löste einen Gewerbeschein und quartierte sich auf 16 Quadratmetern in in Wien-Margareten ein. Damals, um die Mitte der 1970er-Jahre, herrschten paradiesische Zustände. Kaum wurde die Ware geliefert, war sie bisweilen auch schon verkauft.

Tatsache, wie folgende Anekdote belegt: Der junge Händler war in die Schlößlgasse (Nr. 5) beordert worden, um ein Niedermoser-Schlafzimmer im Olbrichstil zu begutachten. Gekauft. Kovacs ließ die Möblage vom Spediteur holen und zu seinem Geschäft liefern.

Während des Abladens kam Juwelier Herbert Schullin des Weges, sah die Herrlichkeit und fragte spontan nach dem Preis. Die beiden wurden handelseinig. Wohin den die "neuen" Möbel des Herrn Schullin zu liefern seien? In die Schlößlgasse (Nr. 5) bitte. In das darüberliegende Stockwerk, amüsiert sich Kovacs noch heute.

Vier Jahrzehnte später hat sich die Situation auf dem Markt völlig geändert. Das Kaufverhalten und der Geschmack der Klientel sowieso. Dazu kommen sukzessive schrumpfende Gewinnmargen und die absolut frustrierende Lage punkto Warennachschub. In der Theorie könnte er mehr verkaufen, als er in der Praxis zu akquirieren imstande sei, erzählt der 60-Jährige. Abstriche bei Qualitätskriterien will er nicht machen.

Über Texas nach Hietzing

In den letzten Monaten evaluierte er seine Situation, entschied sich zur Aufgabe des Standortes Linke Wienzeile (Abverkauf bis Ende Oktober) und zur Rückkehr in den ersten Bezirk. Dort, auf dem Lobkowitzplatz (Nr. 1), hatte ihm Carl Pruscha Ende der 1980er eine jener urbanen Zellen kreiert, die ebenso gut eine Einkaufsstraße in Mailand oder New York zieren könnten. Bis Ende Jänner 2014 sind dort noch Blau & Scheibl einquartiert, die mit ihrer Schmuckofferte ins Internet übersiedeln.

In Quadratmetern gemessen, schrumpft Kovacs' Präsentationsfläche von 320 auf 35. Sein Tätigkeitsspektrum habe sich verändert, erweitert etwa um umfassende Beratung von Sammlern, die über das eigene Warenlager hinausreiche. Sein Kundenkreis wächst, wenn nicht täglich, dann zumindest wöchentlich über das Internet. Die Anfragen perlen im Stundentakt und aus aller Welt.

Seit Mai ist er auf "1stdibs" vertreten, einem virtuellen Luxusmarktplatz, dem er bis zu 20 Prozent seines Umsatzes verdanke und der besonders von Interior-Designern genutzt wird.

Ein solcher aus Texas meldete sich unlängst, und keine Stunde nachdem Kovacs ein Paar um 1900 ausgeführte exquisite Speisezimmerschränke online gestellt hatte. Man wurde schnell handelseinig. Ob er das Shipping organisieren solle? Nein, er solle einfach anderntags liefern, an eine Adresse in Wien-Hietzing. (kron, Album, DER STANDARD, 14./15.9.2013)