Friedrich Dahm: "Der Bestand der Opernpassage war noch erstaunlich gut erhalten."

Foto: BDA Bettina Sidonie Neubauer

STANDARD: Was sagt der Denkmalpfleger zur neuen Kulturpassage?

Dahm: Die Opernpassage wurde im historischen Kernbereich im Sinne der Denkmalpflege wiederhergestellt. Und die Karlsplatzpassage ist ein moderner, zeitgenössischer Raum. Ich finde das Nebeneinander von Alt und Neu sehr gelungen.

STANDARD: Wie erhaltenswert war der Bestand in der Opernpassage?

Dahm: Um die historische Bedeutung dieses Bauwerks einzuschätzen, haben wir in Zeitungsartikeln und historischen Fotografien recherchiert. Allein die Tatsache, dass die Eröffnung der Opernpassage am gleichen Tag stattgefunden hat wie die Wiedereröffnung der Staatsoper nach dem Zweiten Weltkrieg, zeugt von der Bedeutung dieses Projekts. Dank des legendären Café Rondo war und ist der Ort jedem Wiener ein Begriff.

STANDARD: Und wie gut war der Bestand erhalten?

Dahm: Erstaunlich gut! Zu unserer Überraschung hat sich herausgestellt, dass die Metallelemente, die gebogenen Glasscheiben und die Türbeschläge noch im Original erhalten waren. Das ist nach 60 Jahren keine Selbstverständlichkeit.

STANDARD: Was hat es mit den Fototapetensäulen auf sich?

Dahm: Entgegen der landläufigen Meinung waren die Säulen ursprünglich mit Linoleum verkleidet. Doch nachdem Linoleum aufgrund der heutigen Brandschutzbestimmungen in einer U-Bahn-Station nicht mehr zugelassen ist, haben wir uns entschieden, die Linoleumsäulen mittels Glas und Fotofolie nachzubilden.

STANDARD: Die Passage ist restauriert, die Shopportale sind noch die alten. Wann wird das Gesamtprojekt abgeschlossen sein?

Dahm: Als Bundesdenkmal können wir mit den Mietern nur dann in Dialog treten, wenn sie die Bausubstanz verändern. Daher wird es wohl noch ein paar Jahre dauern, bis alle Geschäftslokale stilistisch angeglichen sein werden.

STANDARD: Generell sind die Fünfzigerjahre in Österreich nicht besonders beliebt. Warum ist das so?

Dahm: Noch! Das hängt mit dem Wiederaufbau nach dem Krieg zusammen. Aber das wird sich ändern. Als Bundesdenkmalamt ist es unsere Aufgabe, die Jahrzehnte lange Talsohle, in der ein Bauwerk oder eine Epoche "völlig out" ist, zu übertauchen und das zu retten, was sich eines fernen Tages als schützenswert herausgestellt haben wird. Denkmalschutz ist Visionsarbeit. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 18.9.2013)