ModeratorIn: Wir begrüßen Eva Glawischnig im derStandard.at-Chat!

Eva Glawischnig: Hallo alle zusammen!

byron sully: der öffi-ausbau ist enorm wichtig, ja. aber wieso hat er für sie in den ballungsräumen priorität, wo doch der viel schlimmere öffi-mangel eher in großstadtfernen regionen à la z.b. most- oder waldviertel herrscht? dort fände ich die verbesserung des

Eva Glawischnig: Rund um die Ballungsräume hat für mich die Schiene Priorität. Auch weil die Städte ständig wachsen und Einpendeln ein sehr großes Thema ist. Im ländlichen Raum - da haben Sie völlig recht - herrscht teilweise Öffi-Wüste. Dort wollen wir mit Bus, Sammeltaxis, unkomplizierter Fahrradmitnahme so was wie eine flächendeckende Mindestversorgung sicherstellen. Und: ein einfaches österreichweites Ticketsystem für alle Öffis.

ModeratorIn: Userfrage per Mail: Welche Partei würden Sie wählen, wenn es die Grünen nicht gäbe und ungültig wählen keine Option wäre?

Eva Glawischnig: Schwierige Frage ... weil ich, seit ich wählen kann, immer die Grünen wählen konnte. Wenn jemand mit dem derzeitigen Angebot generell nichts anfangen kann, hilft nur eines: sich selbst zu engagieren oder auch Parteien von innen zu verändern.

Starney Binson: Wie viele syrische Flüchtlinge würden Sie aufnehmen?

Eva Glawischnig: So viele, wie wir können. Zentraler ist aber die Unterstützung der über zwei Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern. Dort ist jetzt humanitäre Hilfe absolut dringend notwendig. Das heißt: winterfeste Kleidung, Zelte, Versorgung, ärztliche Hilfe. Eine Aufgabe für die gesamte Europäische Union, aber auch für österreichisches Engagement.

afrikaaner: Ich bin ein großer Fan von Karl Öllinger. Mir ist bewusst, dass es einmal ein Ende im NR geben muss, aber warum wird in Zeiten wo es ev. zu einer Koalition kommen könnte einer der versiertesten Sozialexperten der Grünen auf einen unwählbaren Listenp

Eva Glawischnig: Ich bin auch ein großer Fan von Karl Öllinger, der mit Sicherheit im nächsten Nationalrat vertreten sein wird. Das notwendige Ergebnis für seinen Einzug ist 11,8 Prozent. Ich bin mir sicher, dass wir das übertreffen können. Mir ist aber auch wichtig, dass Junge in der Politik eine Möglichkeit zur Gestaltung bekommen.

herr holle: wären sie bereit mit SPÖ und Team Stronach zu koalieren? Nachdem sie und die SPÖ sich bei inhaltlichen Fragen meist sehr nahe stehen und das Team Stronach eine Partei ist, die, aufgrund der nicht vorhandenen Parteilinie, sicher mehr gesrpächsbereits

Eva Glawischnig: Bei aller Freundschaft, ich habe versucht, Stronach ernst zu nehmen, aber es fällt mir zunehmend schwerer, seine Positionen ernst nehmen zu können. Außerdem halte ich sie für schädlich für Österreich, besonders seine Aversion zum Euro. Ein österreichischer Euro-Austritt würde uns um Jahrzehnte zurückwerfen und bis zu 200.000 Arbeitsplätze kosten. Österreich ist nun mal eine offene, exportorientierte Volkswirtschaft, die sehr vom einheitlichen Währungsraum profitiert hat.

zehennagel: Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit der Schwarz-Grünen Regierung in Tirol, können sie konkrete Beispiele für erfolgreiche "Grüne Akzente" nennen?

Eva Glawischnig: Zwei Punkte: das Fahrverbot für Schrott- und Mülltransporte zur Entlastung der Bevölkerung im Inntal. 200.000 Transit-Lkws sollen zukünftig auf die Schiene verbannt werden. Aufsichtsräte wurden mit kritischen Leuten aus NGOs besetzt. Ich freue mich auf die Umsetzung des 365-Euro-Tickets für ganz Tirol.

moodlock: Kämen gratis Öffis in Städten, wie am Beispiel von Tallinn, für Sie in Frage? (http://derstandard.at/1363707098646/Wer-in-Tallinn-lebt-faehrt-gratis-mit-Oeffis)

Eva Glawischnig: Ich fürchte, wir stoßen damit an die Grenze der Finanzierbarkeit. Für Wien gab es Prognosen der Wiener Linien, dass die Verbilligung der Jahresnetzkarte um 100 Euro 35 Millionen Entfall bedeuten würde. Tatsächlich sind durch die Verbilligung zusätzlich 150.000 Jahresnetzkarten verkauft worden. Für die Wiener Linien war das unterm Strich ein Plus von fünf Millionen. Komplett gratis zu fahren würde bedeuten, steuerfinanziert - und ist damit auch nicht gratis.

wincent: Sascha van der Bellen warnte immer davor zu früh in die Politik einzusteigen. Was empfehlen Sie mir, einem interessierten Mitt-Zwanziger am Beginn der Karriere: zu welchem Zeitpunkt sollten junge Menschen kandidieren?

Eva Glawischnig: Das sind sehr persönliche Entscheidungen. Van der Bellen hat immer betont, die Ausbildung müsse zumindest abgeschlossen sein. Jung einsteigen heißt, dass es noch ein Leben danach geben wird, das muss man im Auge behalten.

Scorch: Wären Sie bereit, eine Minderheitsregierung der stärksten Partei zu unterstützen? Durch die freie Mehrheitsfindung statt lähmender Koalitionsräson ginge sicherlich mehr weiter als bisher, und der Opposition käme eine starke Kontrollfunktion zu, die

Eva Glawischnig: Das kann ich mir durchaus vorstellen. Ein lebendigeres und selbstständigeres Parlament mit selbstbewussten Abgeordneten, die sich nicht als verlängerte Werkbank der Regierung verstehen, braucht es aber in jeder Regierungsform. Das Rennen um Platz eins ist aus meiner Sicht gelaufen. Die SPÖ wird zwar verlieren, aber trotzdem Nummer eins bleiben. Jetzt geht es darum, eine Neuauflage von Rot-Schwarz und alldem, was wir davon zur Genüge kennen, zu verhindern.

nexxxus: Meine Frau und ich möchten unsere beiden Kinder selbstbetreut bei gleicher Aufteilung großziehen. Dafür wären Elternteilzeit für beide Eltern gleichzeitig, ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld 9+9, Karenz des Mannes von Anfang an (parallel

Eva Glawischnig: Wir haben jedenfalls den vierwöchigen Freistellungsanspruch für alle Väter im Programm. Eine partnerschaftliche Aufteilung der Betreuung unterstütze ich zu hundert Prozent. Elternteilzeit für beide Eltern gleichzeitig ist grundvernünftig. Das Kinderbetreuungsgeld in all seinen Varianten geht aus meiner Sicht viel zu wenig auf individuelle Bedürfnisse ein und gehört reformiert.

Niluur: Sollten die Grünen es in die Regierung schaffen, welche Ministerien würden sie sich für Ihre Partei wünschen, und wie würden sie diese besetzen?

Eva Glawischnig: Ich habe immer Unbehagen, vor der Wahl über Ministerien zu spekulieren. Das wirkt immer so, als würden Posten wichtiger sein als inhaltliche Arbeit. Also, ich will nichts werden, ich will etwas machen. Natürlich reizt mich ein Umweltsuperministerium mit Energiepolitik, Landwirtschaft, Ernährungssicherheit, Konsumentenschutz und Sport. Als erste Tat würde ich ein riesengroßes Bienenhotel an der Außenfassade anbringen.

ebb2fae1-7f01-4a1a-b111-bc3703b9814f: Hallo Frau Glawischnig! Was wäre Ihrer Meinung nach ein angemessener Preis für A: 1 Liter Benzin B: 1 Packerl Zigaretten und C: einen Flug Wien-Innsbruck (hin und zurück, Holzklasse).

Eva Glawischnig: Bei Benzin ist derzeit die Schmerzgrenze erreicht. Warum Fliegen steuerbegünstigt ist, habe ich noch nie verstanden. Da geht es sowohl um Kerosinbesteuerung als auch die Grundsteuerbefreiung für Flughäfen. Für die Zigaretten ist Van der Bellen zuständig :-)

UserInnenfrage per Mail: Frage von User „Kmp5zh“ Halten sie die Frauenquote in Betrieben für den richtigen Weg?

Eva Glawischnig: Ich bin für Frauenquoten in Aufsichtsräten und Vorständen. Es sollte selbstverständlich werden, in Spitzenpositionen auch Frauen zu begegnen. Bei Siemens beispielsweise gibt es nach dem Abgang von Brigitte Ederer keine einzige Frau mehr. Bei Magna ist es eine. Ich glaube nicht, dass Frauen die besseren Chefs sind, mir geht es um Diversität, das erhöht die Qualität von Entscheidungen.

7ec9e218-b613-43b9-a18b-1ee7c9953a34: Warum haben Sie gestern die Frage von Frau Turnher bezüglich Cannabis nicht beantwortet? Möchten Sie das jetzt nachholen?

Eva Glawischnig: Jederzeit gerne. Mir ist die Gesundheit von Jugendlichen sehr wichtig. Ich bin nicht glücklich mit der hohen Anzahl von rauchenden 14- und 15-Jährigen. Mein Ziel wäre, über Prävention und Aufklärung die Anzahl der jugendlichen RaucherInnen zu reduzieren. Aber wenn sie einmal einen Joint rauchen, dann will ich auch nicht, dass sie die volle Härte des österreichischen Strafrechtes mit all seinen Konsequenzen, wie Schulverweis, Verlust der Lehrstelle, schwarzer Punkt im Register zu spüren bekommen. Also raus aus dem Strafrecht.

ModeratorIn: User „Scorch“: Die Grünen bewegen sich in letzter Zeit immer mehr in Richtung bürgerliche Mitte. Eine echte systemkritische linke Partei gibt es im Parlament hingegen nicht. Wäre das nicht eine interessantere Nische für die Grünen, anstatt sich im Z

Eva Glawischnig: Nur weil wir ein durchdachtes Wirtschaftsprogramm und ein Paket für KMUs und EPUs haben, sehe ich uns noch lange nicht gleichgeschaltet mit SPÖ und ÖVP. Im Gegenteil, wir sind der Gegenpol zu einer Proporzdemokratie, wo alles zwischen Rot und Schwarz aufgeteilt wird und Korruption sich ausbreiten konnte.

spertl: Sehr geehrte Frau Glawischnig, fürchten Sie nicht bei der Nationalratswahl Stimmenverluste für Ihre Partei aufgrund der Tatsache, dass die Grünen, zusammen mit der ÖVP, in Salzburg eine Koalition mit dem Team Stronach eingegangen ist? Werden sich da

Eva Glawischnig: Ein Schritt zurück: Die vorgezogene Wahl in Salzburg wurde notwendig, nachdem ein beispielloser Spekulationsskandal aufgeflogen ist. Die Grünen haben seit dem Jahr 2006 darauf hingewiesen. Die 20 Prozent waren dann ein klarer Regierungsauftrag. Das Team Stronach hat in den Verhandlungen jede einzelne Forderung der Grünen akzeptiert und ist seit dem nicht weiter aufgefallen. Mit Stronach selbst sehe ich das allerdings anders, wie gestern in unserem ORF-Duell unschwer erkennbar war.

nexxxus: Im Sommergespräch im ORF haben Sie Strache vorgeworfen, dass seine Partei "Personenkult" betreibe und die Grünen ein Team sind. Nun plakatieren Sie selbst großflächig "Eva Glawischnig”. Warum?

Eva Glawischnig: Hätten wir lieber nur das Schaf oder den Marienkäfer plakatieren sollen? :-) Ein starkes Team und Plakate mit der Spitzenkandidatin sind für mich kein Widerspruch.

Detlefina Haber: Frau Glawischnig, sehen Sie sich als Feministin? Und: Wie stehen sie Prostitution gegenüber? Verbot, Freier-Bestrafung oder Legalisierung?

Eva Glawischnig: Meine Priorität ist, Gewalt gegenüber Frauen mit Schutzmaßnahmen und angemessenen Strafen zu bekämpfen. Bei der Bekämpfung von internationalem Frauen- und Mädchenhandel gibt es großen Handlungsbedarf: Schutz vor Abschiebung, wenn sie in Prozessen gegen ihre Zuhälter aussagen, Ausstiegsmöglichkeiten zu legaler Erwerbstätigkeit, ...

ModeratorIn: User „altavoces“: Wie wichtig ist Ihnen das Thema Datenschutz, welche Maßnahmen zur Sicherheit unserer Daten schlagen die Grünen vor? Ich bedaure, in letzter Zeit relativ wenig zu diesem Thema von Ihnen gehört zu haben.

Eva Glawischnig: Die Bekämpfung der Vorratsdatenspeicherung mit allen Mitteln, Verfassungsklage mit über 10.000 UnterstützerInnen, Überwachungsstaat zurückdrängen ist mir ein Herzensanliegen. Wir fordern die Evaluierung sämtlicher Überwachungsmaßnahmen auf ihre tatsächliche Notwendigkeit. Und deutlich besseren Rechtsschutz. Auf europäischer Ebene muss die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung weg.

buntstift: S.g. Frau Glawischnig! In den letzten Jahren sind die Mietkosten in den österreichischen Großstädten unglaublich gestiegen. Was sind Ihre Ansätze um Wohnen v.a. für junge Menschen wieder leistbar zu machen?

Eva Glawischnig: Wohnen ist ein Grundrecht, Spekulation nicht. Klare Mietzinsobergrenzen, mehr Geld in den Wohnbau, keine Maklerprovisionen für MieterInnen und Energiekosten senken durch eine Sanierungsoffensive, effiziente Geräte, gezielte Wärmedämmung. Energiesperren und Delogierungen sollen in den kalten Monaten nicht mehr möglich sein.

Linkslinker Österreichfeind und Kulturbereicherer: Könnten Sie sich Rot-Grün-Pink vorstellen?

Eva Glawischnig: Grundsätzlich Offenheit, ich glaube aber, dass die Vier-Prozent-Hürde für Pink nicht zu überspringen ist.

ModeratorIn: Wir danken Eva Glawischnig fürs Kommen und den UserInnen für die vielen Fragen - wie immer konnte leider nur ein kleiner Teil beantwortet werden.

Eva Glawischnig: Wenn es noch weitere Fragen gibt, beantworte ich sie gerne über meinen Mail-Account: eva.glawischnig@gruene.at, allerdings nicht in Echtzeit :-) Auf bald!