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Faymann vs. Spindelegger: "Wir haben uns ausgemacht, wir werden uns nicht mit Bedingungen und Erpressungen begegnen."

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Es war doch eine emotionale Diskussion, die sich Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vize Michael Spindelegger (ÖVP) am Dienstagabend im ORF lieferten. Faymann legte die Konfrontation, die als "Kanzlerduell" bezeichnet wurde, erst einmal versöhnlich an: Man habe gemeinsam viel erreicht.

Spindelegger dagegen ging gleich in den Infight, geißelte die "Faymann-Steuern" und erteilte diesen "eine klare Absage": "Da werde ich nicht mitmachen." Faymann dagegen will schon ab 2015 auf eine Entlastung setzen, was ihm umgehend eine Rüge Spindeleggers einbrachte: Vereinbart sei ein ausgeglichenes Budget bis 2016, "jetzt kommst du und willst eine Steuerreform". Das sei "keine Handschlagqualität". Faymann wurde ebenfalls persönlich: "Michael, bleiben wir bei der Wahrheit."

Während der Kanzler die Millionärsabgabe schönredete, erteilte der Vizekanzler jeglicher Steuererhöhung eine Absage und sprach vom "griff in die Mottenkiste des Klassenkampfes". Faymann dagegen verwies auf Deutschland und die Schweiz, wo es sehr wohl vermögensbezogene Steuern gebe. Damit sei es auch möglich, die unteren Einkommen zu entlasten.

Altbekannte Positionen gab es zum Thema Bildung: Spindelegger will "keine Türschilddebatte führen" und auf jeden Fall die Gymnasien erhalten. Faymann will das Angebot an ganztägigen Schulformen ausbauen. Zumindest für 50 Prozent der Schüler sollte es ein entsprechendes Angebot geben, um den Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Spindelegger sieht darin eine Bevormundung: "Wahlfreiheit! Darauf kommt es an!"

Streit um Mindestlohn

Faymann will sich dafür einsetzen, 1500 Euro als Mindestlohn festzulegen, Spindelegger sieht dadurch Arbeitsplätze gefährdet und warf Faymann vor: "Du sitzt schon zu lange im Bundeskanzleramt, du gehörst einmal weg." Faymanns Replik: "Wichtig ist es, dass nie jemand Bundeskanzler wird, der die Logik hat, je weniger die Arbeitnehmer haben, desto besser für die Republik." Spindelegger erwidert: "Sozial ist, dass man Arbeitsplätze schafft, und das bin ich."

Zum Thema Pensionen legte sich Faymann fest, dass es zumindest bis 2024 keine Anpassung des Pensionsalters geben werde, "darauf muss man sich verlassen können". Spindelegger verirrte sich kurzeitig im rhetorischen Irrgarten: "Lass mich sagen, was ich sagen will, das wirst du mir jetzt nicht vorschreiben, was ich sagen will."

Zum Thema Europa wollte sich Faymann erst gar nicht auf eine Diskussion über einen möglichen Schuldenschnitt einlassen, sondern legte es sehr grundsätzlich an: "Wo wir auseinander sind: Wer soll Österreich in Europa vertreten? Lohndumping, geringste Löhne, das wollen wir nicht." Faymann wandte sich an dieser Stelle direkt an die Zuschauer: "Wenn Sie wollen, dass dieses Land ein Stück gerechter wird, wenn sie wollen, dass ein Bundeskanzler, der für sozialen Ausgleich ist, in Europa tätig ist, dann bitte ich Sie um Unterstützung."

Dem konnte Spindelegger  nicht nachstehen: "Ich möchte gerne in Zukunft mit Österreich ein Land haben, in dem jeder einen Arbeitsplatz hat". Man dürfe sich nicht einen "neuen Klassenkampf auf die Fahnen heften". Auf die Frage, wie groß denn die Wahrscheinlichkeit einer Neuauflage der großen Koalition sei, verweigerte Spindelegger die Antwort.

Keine Bedingungen

Und kann sich Faymann eine Koalition mit der ÖVP ohne vermögensbezogene Steuern vorstellen? "Wir haben uns ausgemacht, wir werden uns nicht mit Bedingungen und Erpressungen begegnen." Und unter Zwischenrufen Spindeleggers - "Das ist jetzt nicht fair" - setzte Faymann am Schluss noch einmal zu einem Wahlaufruf an: "Wir dürfen das Land nicht schlechtreden. Wer möchte, dass wir dieses starke Land noch gerechter gestalten, der soll eine Entscheidung treffen, und den bitte ich auch, zur Wahl zu gehen." (völ, DER STANDARD, 25.9.2013)