So ziemlich allen deutschsprachigen Medien ist das anscheinend bekannt. Sie lassen Mörder, die unschuldige Menschen in die Luft sprengen, für ihre Verbrechen "die Verantwortung übernehmen", sobald diese sich zu ihrer Tat bekennen. Und haben sie das (noch) nicht getan, dann hat eben "noch niemand die Verantwortung übernommen".

Wie kommt es zu einer so vollkommen falschen Etikettierung? Die Bezeichnung stammt wohl daher, da "responsibility" im Englischen mehrere Bedeutungen hat. Unter anderem (und am Rande) auch: "... sich als Täter zu outen ...". Und das wurde dann simpel übersetzt und eingebürgert: "Responsibility = Verantwortung".

Im Deutschen hat aber "Verantwortung" (übernehmen) eine andere, wesentlich eingeschränktere Bedeutung als "responsibility". Verantwortung übernehmen heißt: "die Folgen seines Handelns zu verantworten". Oder: "für das Wohl jener zu sorgen, für die man Verantwortung trägt". Davon sind diese Massenmörder aber weit entfernt.

Man könnte sich nun fragen, ob diese Fehlbezeichnung nur dümmlich und schlampig ist oder ob nicht vielleicht doch eine klammheimlich-winzig-unbewusste Sympathie dahintersteht, die Terroristen eine Spur höher einordnet als einen Massenmörder, wie zum Beispiel den norwegische Mr. Breivik.

Täter, die sich mit Morden oder ähnlichen Kapitalverbrechen brüsten, sind jedenfalls eindeutig als "Schuldige" zu bezeichnen. Angemessen wäre es demnach zu formulieren, dass sich die Gruppe XY "als schuldig bekannt hat". Oder dass sich "noch kein Schuldiger gemeldet hätte".

Vielleicht präzisieren dann irgendwann einmal auch unsere angelsächsischen Freunde ihr Wording und ersetzen das eher wertfreie "responsibility" mit "XY admitted to be guilty of ...". Dann wären die Verhältnisse doch ein wenig zurechtgerückt. (Markus Stein, DER STANDARD, 27.9.2013)