"Haiders Erbe ist auf Erfolgskurs", fasste die italienische Tageszeitung Corriere della Sera das Ergebnis der Nationalratswahl zusammen. Und sieht "einen klaren Erfolg der extremen Rechten in einem zersplitterten Spektrum" - als Folge genereller Unzufriedenheit der Bürger mit der rot-schwarzen Regierung.

Das gibt treffend wieder, wie der Zugewinn der Freiheitlichen von gut drei Prozent quer durch Europa eingeordnet wird: Parteichef Heinz Christian Strache mag aus dem Schatten des bei EU-Partnern berühmt-berüchtigten Vorgängers Jörg Haider herausgetreten sein. Eine reale politische Gefahr - wie im Jahr 2000 in Schwarz-Blau - sieht von Wien aber niemand ausgehen, weil es doch "keinen strahlenden Sieger" gibt. Haider hatte knapp 27 Prozent erreicht.

Das hat zwei Gründe. Erstens sind seit der Wirtschafts- und Eurokrise vor fünf Jahren fast alle Regierungen in EU-Ländern - rote wie konservative - mit (oft) großen Stimmenverlusten abgewählt worden. Sogar in Deutschland.

Zum anderen haben nicht nur Rechtsparteien (die vor gut zehn Jahren noch generell stark im Aufwind waren) vom Frust der Wähler profitiert. Stattdessen gibt es auch klare Wahlsieger von links, so in Griechenland, wo die linkspopulistische, EU-kritische Syriza zweitstärkste Partei wurde (wobei auch die Neonazis "Goldene Morgendämmerung" stark zulegten). Und in den Niederlanden kam die islamfeindliche Anti-EU-Partei PVV des Rechtspopulisten Geert Wilders 2012 auf nur noch zehn Prozent, verlor fast die Hälfte der Stimmen. Es regiert nun wieder eine große Koalition.

Oder aber es kamen neue Bewegungen, die man ideologisch nicht so leicht einordnen kann, nach oben. Dazu gehört die Plattform des Komikers Beppe Grillo, der 2012 in Italien 25 Prozent erreichte. Die rechte Lega Nord brach ein.

Straches FPÖ erscheint also nicht so sehr als ideologischer Trendsetter wie Haider. Mit scharfem Anti-EU-Kurs und Antiislamismus ist sie eher ein Nachzügler in Europa nach dem Vorbild des rechtsextremen Front National unter Marine Le Pen in Frankreich. Sie kam bei den Präsidentenwahlen 2012 auf beachtliche 17,9 Prozent der Stimmen.

Strache hat Le Pen auf EU-Ebene deklariert als strategische Partnerin auserkoren, ebenso wie den rechtsextremen Vlaams Belang in Belgien. Letzterer fristet aber seit den Wahlen 2010 ein Schattendasein, weil die flämische nationale Allianz (NV-A) zur Nummer 1 wurde. Sie ist proeuropäisch. Stark im Aufwind: die Unabhängigkeitspartei (Ukip) in Großbritannien. Sie will im EU-Parlament mit der FPÖ nichts zu tun haben. Europas zersplitterte Rechtsparteien sind dort fraktionslos. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 1.10.2013)