Innsbruck - Der Tiroler Standschützen-Marsch gehört zum Standardrepertoire österreichischer Blasmusikkapellen. Erst kürzlich war er in der ZiB 2 zu hören, bei einer Wahlkampfveranstaltung der ÖVP. Geschrieben wurde der Marsch auf Grundlage eines Tiroler Volksliedes von Sepp Tanzer, dem früheren Gaumusikdirektor für Tirol-Vorarlberg. Gewidmet ist der Marsch Gauleiter Franz Hofer. "Einem zum Tode verurteilten Kriegsverbrecher", sagt der Tiroler Publizist Markus Wilhelm. Er fordert, den Marsch künftig nicht mehr bei offiziellen Anlässen zu spielen. "Die Landesregierung soll mit gutem Beispiel vorangehen."

Der Blasmusikverband will den Standschützen-Marsch nicht streichen. Bundesobmann Siegfried Knapp: "Wir möchten keine Vorschriften machen. Uns geht es um die Musik." Sehr gut instrumentalisiert sei der Marsch, sagt der Vorarlberger Landesobmann Wolfram Baldauf. Tanzer sei halt wie viele seiner Generation in die Sache hineingerutscht, habe sich nichts zuschulden kommen lassen. "Man weiß viel zu wenig über diese Zeit", sagt Knapp.

Markus Wilhelm hilft, die Wissenslücken zu füllen. Er stellte am Donnerstag ein von der Landesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten des Historikers Michael Wedekind auf seine Website dietiwag.org. Der Historiker untersucht die Rolle Tiroler Musiker in der NS-Zeit und das Geschichtsbild der vom Land geförderten Musikforschung, er beschreibt Aspekte der Verdrängung und Ausblendung und empfiehlt eine Tagung und weitere Forschung. Landesrätin Beate Palfrader (VP) reagierte auf Wilhelm: Die Studie geht am Freitag online. (jub, DER STANDARD, 4.10.2013)