Ein junger Motorradfahrer rast durch die Wirtshausstube im Gasthof Grabenmühle in Maria Lankowitz.

Foto: Johannes Gellner

Maria Lankowitz - Der radikale, aber wenig rezipierte Nachkriegsroman Die Wolfshaut von Hans Lebert (1919-1993) ist seit einigen Jahren wieder vergriffen. Der Wiener Autor und erklärte Antifaschist legte darin (1960), lange vor Thomas Bernhard und Elfriede Jelinek, die notdürftig verscharrten Leichen der Geschichte eines Dorfes frei. Er erzählt von Mitläufertum in der ländlichen Bevölkerung. Anlässlich von Leberts 20. Todestag greift der Steirische Herbst das Werk nun in Form eines Stubentheaters (Theater in Wirtsstuben) auf.

Für die Operation Wolfshaut wurden im Gasthof Grabenmühle in Maria Lankowitz (eine Stunde von Graz) die Tische in der Wirtsstubenmitte beiseite geräumt. Und ein Video-Vorspann bekräftigt noch einmal, dass wir nun dort sind, "wo die Bama san".

Die Koproduktion zwischen Theater im Bahnhof und Gaststubentheater Gößnitz (Regie: Ed. Hauswirth) erzählt vom Roman Die Wolfshaut allerdings nur indirekt, in Form von etappenweise rekapitulierten Theaterproben, die zwei Regisseurinnen aus der Stadt nicht ganz konfliktfrei mit einer Laiengruppe vom Land zusammenführt. Dabei verständigt man sich weniger über den Romaninhalt als über die ein wenig plump ironisch auf die Spitze getriebene Dichotomie Stadt/Land.

Die Lesben aus der Stadt dirigieren die katholischen Trachtenträger am Dorf. Üble Gerüche werden freigesetzt, um die Anspannung im Dorf erfahrbar zu machen. Der Roman und seine Heftigkeit rücken da unversehens in den Hintergrund. Es wird auch amüsant. Denn das Ensemble versteht es, nicht zuletzt durch unerschrockenes Singen, die Mechanismen eines Dorfes lebhaft durchscheinen zu lassen. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 5./6.10.2013)