Die Lackierung ist fesch. Toll. Ganz matt. Auch teuer. Und sehr speziell. "Fahren Sie nicht in die Waschstraße damit", warnt der Überbringer. "Weil sonst der Lack wieder glänzend ist." Der künftige Besitzer dieses Wagens ist also zur lebenslangen Handwäsche verdammt.

Foto: Christian Fischer

Wer auch immer diesen Wagen so im Werk geordert hat, er hat sich in der Liste mit der Überschrift "Mehrausstattung" verwirklicht und auf neun Seiten angekreuzt, was gut, schön und teuer ist. Der Grundpreis dieses Modells, ein Audi RS6 Avant, liegt an sich bei 132.800 Euro. Nach dem Raubzug durch die Extraliste schnalzt der Preis auf 176.302 Euro hinauf. Dafür: fesch, wohin man blickt. Und solange man nicht durch die Waschstraße fährt: matt, wohin man blickt.

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Für die Augen: Allein das Optikpaket Carbon schlägt mit mehr als 6000 Euro zu Buche.

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Für die Ohren: Das Advanced Sound System von Bang & Olufsen kostet mehr als 6000 extra.

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Für die Straße: Das Dynamikpaket kommt auf knapp 7000 Euro. Und das fetzt jetzt wirklich. Dieses Paket schärft alle Sinne des Autos, von der Lenkung über das Fahrwerk, und es schiebt die Grenzen hinaus, mit Sportdifferenzial, intensivem Allrad bis zu 280 km/h Spitze. Und das ist wirklich schnell.

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Das Arge ist ja: Das ist ein Kombi. Also an sich eine praktische, sinnvolle Fahrzeugvariante. Eine, in die man viel Gepäck hineinbekommt. Hinten einfach ei­nen Kinderwagen reinschieben kann. Die Familie gut unterbringt. Gemütlich reisen kann. Aber wahnwitzig. Mit 560 PS. Und 700 Nm Drehmoment. Das schiebt so richtig an.

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Wenn dann die Familie gemütlich im Wagen sitzt, der Partner am Nebensitz büselt, die Kinder hinten lieb plaudern, das Soundsystem die harmonische Hörkulisse ein bisschen pimpt, juckt es einen im Fuß, man hat es plötzlich eilig, will überholen oder wird sonst wie vom Affen geritten – und dann entfesselt sich diese Urgewalt, drückt die Kinder in die Sitze, verpasst dem Partner ein Gesichtslifting. Dann kann es auch sein, dass es kurzfristig sehr still wird im Wagen. Und alle sich fragen: Was passiert denn da? Und warum brüllt der Wagen plötzlich so? Und warum grinst Papi blöde wie ein Vollidiot, der blöde Vollidiot?

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Die Leistung des Wagens ist infernalisch – und was und wie man es braucht, lässt sich individuell einstellen. Eh noch gemütlich, aber schon mit bösem Sound oder alles ganz forciert und mit harter Abstimmung – eine Frage der Einstellung. Und der Gäste im Wagen. Bei voller Besetzung und voller Kanne kann man hinten gleich die Speibsackerln zur Verteilung bringen.

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Der Allradantrieb ist beim Handling ungeheuer hilfreich, dennoch muss man immer auf der Hut sein. Der Wagen kann mehr als man selbst. (Michael Voelker, DER STANDARD, 11.10.2013)

>>> Zweite Meinung

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Zweite Meinung

Gut zwei Tonnen Auto und dennoch Vortrieb ohne Wenn und Aber. Trotz der unglaublichen Power hat man nie das Gefühl, nicht mehr Herr der Lage zu sein, denn die elektronischen Helfer greifen zuverlässig, bestimmt, aber nicht zu markant ein. Trotzdem muss man auf der Hut sein: Selbstüberschätzung, gepaart mit grenzenlosem Vertrauen auf die Technik, könnten sich in diesem Fall als teurer Irrtum herausstellen. (sum)

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Audi

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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