Sechseck mit schicken Scheuklappen: Das schnittige Haus in Weiden am See endet beiderseits in Loggien mit Fernblick.

Foto: A2D Architekten

"Dach und Wand gehen ineinander über, also sollten sie auch aus demselben Material sein", sagt Architektin Andrea Dämon.

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Neben der Stiege verbinden sich Erd- und Obergeschoß zu einem strahlend weißen Ganzen mit Sechseckkanten.

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Das Dachgeschoß hat zwei Dachterrassen integriert, die einen Blick auf den See bzw. auf die Weingärten bieten.

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Keller und Garage wurden beim Neubau weggelassen, die Autos schlüpfen im Erdgeschoß einfach eingangsseits mit unter die Röhre.

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Weiden am See - Es begann mit einem Zweifel und einem Zufall. Brigitta und Robert Drum hatten ein Fertighaus in Neusiedl erworben, aber nach einer Weile das Gefühl, dass irgendetwas fehlte. "Es waren viele kleine Zimmer, die meisten davon eigentlich nutzlos", erinnert sich Brigitta Drum. Das sollte sich ändern, als das Ehepaar bei einem Spaziergang mit dem Hund im Nachbarort Weiden am See an einem Haus des Architekturbüros AD2 vorbeikam: kantig, hell und modern, so wie man sich eigentlich auch das eigene Haus wünschte.

Praktischerweise wohnen und arbeiten die Architekten Andrea Dämon und Andreas Doser selbst in genau diesem Haus, der Kontakt war schnell hergestellt. Ein Grundstück fand sich schließlich im selben Ort, zwei schmale Parzellen direkt neben den Weinreben. Nächster Schritt: die Wünsche an das Eigenheim genauer formulieren. "Die Architekten haben uns zuerst einen Aufsatz schreiben lassen über unseren Lebens- und Wohnalltag", erzählt die Bauherrin fröhlich. Am wichtigsten: ein großer, heller Innenraum, das Gegenteil des Fertighaussetzkastens.

Eine schöne Aufgabe für jeden Architekten - allerdings waren die äußeren Umstände etwas knifflig: "Direkt daneben befindet sich eine größere Wohnanlage, zwölf der Parteien schauen direkt auf das Grundstück", erklärt Andrea Dämon. Dazu ein Bebauungsplan, der ein Satteldach vorschreibt.

Wohin also mit den kantig-hell-modernen Wünschen? Natürlich in eine sechseckige Röhre! Denn genau so stellt sich das Eigenheim heute dar - wie ein schwarzsilbernes Doppelkameraobjektiv auf die Weingärten hinten und das Leithagebirge vorn gerichtet, zu den Nachbarn hin blickdicht geschlossen.

Der angeschrägte Sechseckquerschnitt resultiert aus der cleveren Auslegung des Baurechts: "Wir haben das Satteldach ein bisschen gedrückt und deformiert", erklärt die Architektin. Die Baubehörden nickten freundlich ab.

Ungewöhnlich auch die Fassade: Sie besteht aus Naturkautschukbahnen. "Dach und Wand gehen ineinander über, also sollten sie auch aus demselben Material sein", so Andrea Dämon. Kostengünstig war es obendrein, zudem verzichtete man auf Unterkellerung und Garage, die Autos schlüpfen einfach eingangsseits mit unter die Röhre.

Im Inneren wurde dafür allen Wünschen der Raum geöffnet. Neben der Stiege verbinden sich Erd- und Obergeschoß zu einem strahlend weißen Ganzen mit Sechseckkanten. Fehlen da nicht die Wände für Einbauschrank, Regal und Ölgemälde? Keineswegs, sagt Bauherrin Brigitta Drum, die mit ihrem Mann seit inzwischen fast zwei Jahren in der Röhre wohnt. "Es ist jeder Quadratmeter bestens nutzbar, ganz anders als früher im Fertighaus. Und in den Schrägen lässt sich sehr wohl auch Stauraum unterbringen!"

Der Spaziergang von Bauherr zu Architekt hat sich also gelohnt. Heute spazieren schon die Architekturtouristen neugierig am Haus vorbei. Und der Hund fühlt sich, so wird versichert, auch viel wohler als im Fertighaus. (Maik Novotny, DER STANDARD, 12.10.2013)