Derzeit werden beim ARBÖ sechs Frauen zu Pannentechnikerinnen ausgebildet, schmutzige Hände gehören dazu. Die persönliche Leidenschaft für diesen Beruf gab den Anstoß.

Foto: Florian Lechner

Lydia Ninz, ARBÖ-Chefin, mit drei ihrer Lehrlinge.

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STANDARD: Eine technische Lehre steht bei jungen Frauen nur selten auf der Berufswunschliste. Beim ARBÖ sind von den insgesamt 35 technischen Lehrlingen immerhin sechs weiblich. Wie haben Sie das geschafft?

Ninz: Der ARBÖ bildet seit dem Jahr 2000 Techniker aus. Der Grund dafür war der Mangel an fertig ausgebildeten Technikern am Arbeitsmarkt. Das Interesse, bei uns eine Lehre zu absolvieren, ist groß. Besonders erfreulich dabei ist, dass sich in den letzten Jahren immer mehr Mädchen für eine technische Lehrstelle bewerben.

STANDARD: Haben Sie Programme, die gezielt Mädchen für diesen Lehrberuf ansprechen?

Ninz: Eigene Programme haben wir dafür nicht. Der ARBÖ beteiligt sich aber schon seit längerer Zeit am Girl's Day. Und auch hier kann man ein steigendes Interesse der Mädchen an diesem Beruf erkennen. Mit dem Fit-Programm (Frauen in Handwerk und Technik, Anm.) haben wir ebenfalls Kontakt aufgenommen. Diese Möglichkeit in unsere Organisation zu integrieren ist aber sehr schwierig. Aber diese Förderprogramme greifen schön langsam. Mädchen fühlen sich ermutigt. Zu uns kommen sie aus eigenem Antrieb. Manches Mal kommt es auch vor, dass sich erst im Laufe der Ausbildung die Interessen herausbilden. Und so kann es auch passieren, dass ein Mädchen eine kaufmännische Lehre beginnt und dann zu einer technischen Lehre wechselt.

STANDARD: Welche Erfahrungen haben Sie mit gemischten Teams gemacht?

Ninz: Da kann ich nur einen Lehrlingsbetreuer zitieren, der gesagt hat, dass, seitdem Mädchen im Team sind, sich das Klima verbessert hat. Es ist aber auch schön zu beobachten, wie ältere und erfahrene Techniker ihr Wissen an Jüngere weitergeben. Und es bildet sich ein Mentoren-Mentee-Verhältnis.

STANDARD: Viele Unternehmen beklagen, dass die Lehrstellensuchenden häufig nicht ausreichend lesen, schreiben oder rechnen können. Wie schwierig ist es, geeignete technische Lehrlinge zu finden?

Ninz: Leider sehr schwierig. Beim ARBÖ machen wir daher einen Aufnahmetest, um sicherzustellen, dass die Grundtechniken beim Schreiben, Lesen und Rechnen beherrscht werden. Denn ohne diese Kenntnisse geht es nicht. Techniker sind das Rückgrat unserer Organisation, und ohne Weiterbildung läuft es auch bei uns nicht. Wir brauchen Mitarbeiter, die sich weiterbilden wollen. Denn die Frage ist ja, warum können viele nicht lesen, rechnen und schreiben. Und hier gibt es massiven Verbesserungsbedarf im Bildungssystem. Denn wenn im polytechnischen Lehrgang nur einer ist, der nicht mehr lernen will, dann kann es passieren, dass er die ganze Klasse mit hinunterzieht. Das österreichische Bildungssystem ist von Anfang an ein sehr selektives. Ich selbst komme aus Südtirol. Dort gibt es schon seit langem die Gesamtschule mit einem deutlich besseren Abschneiden beim Pisa-Test. Aber diese Herausforderung können wir nur in den Griff bekommen, wenn jeder von klein auf gefördert wird.

STANDARD: Abgesehen von einer gemeinsamen Schule für alle Schulpflichtigen. Wo gäbe es im Bildungssystem sonst noch weiteres Verbesserungspotenzial?

Ninz: Auch hinsichtlich des Technikermangels wäre die Förderung der handwerklichen Fähigkeiten in der Schule wichtig. Die paar Stunden technisches Werken sind zu wenig, um die Begeisterung der Schüler für Handwerk und Technik zu wecken. Ich bin überzeugt, dass Kinder lieber zur Schule gingen, wenn mehr Praxis im Unterricht Platz bekommen würde. Handwerkliche Fähigkeiten werden aber gerne unterschätzt, dabei könnte hier Kreativität entwickelt und ausgelebt werden. (Gudrun Ostermann, Karrieren Standards, 14.10.2013)