Aufrechte Sitzposition, mehr Drehmoment von unten heraus und ein Hauch mehr Leistung - so wiell Suzuki wieder bei den großen Reise-Enduros punkten.

Foto: Suzuki

Damit auch die sportlichen Fahrer ihre Freud haben, sind die vorderen Dämpfer nun voll verstellbar.

Foto: Suzuki

Der Entenschnabel wird die Gemüter spalten.

Foto: Suzuki

Suzuki hat die Fußrasten - auch die hinteren - nun für einen besseren Sitzkomfort neu platziert.

Foto: Suzuki

Die Neigungsverstellung des Windschildes ist so fein, dass Suzuki diese gleich patentieren ließ. Für die Höhenverstellung braucht man aber ein Werkzeug.

Foto: Suzuki

Schotterwege, ja die gehen noch, aber ins harte Gelände will die große V-Strom wohl lieber nicht.

Foto: Suzuki

Da wird es den Stricher aber wieder wie wild herreißen. Nein, der Stricher heißt nicht wirklich so – aber alle nennen ihn so. Naja, die Kollegen in der Firma nicht, soviel ich weiß, aber egal. Wer ihn einmal gesehen hat, der weiß, woher der Stricher seinen Namen hat. Sagen wir so: Wenn der Stricher eine Ducati Panigale mit Carbon-gschisti-gschasti ist, dann schaut der Brad Pitt daneben wie eine Honda DN-01 aus. Einerlei.

Jedenfalls der Stricher prügelt für gewöhnlich die V-Strom 650 von der Mama über die Alpenstraßen. Aber schon so, dass man sich jedes Mal, wenn man ihn anbremsen sieht, denkt: „Schod is, uman Buam!" Aber er derreitet es immer, lässt bessere Eisen ganz schön alt aussehen, und reißt auf der Graden nicht einmal das Gas auf. Erstens, weil es eh nix bringt, und zweitens weil spätestens in der nächsten Kurve sowieso wieder abgerechnet wird.

Endlich wieder da, die große Strom

Das Leid vom Stricher hat zwei Namen: Leistung und Drehmoment. Jetzt hat es ihm letztes Jahr eh schon fast das Gnack ausgekugelt, wie er die neue GS gesehen hat. Aber geworden ist dann doch nix aus den beiden. Erstens hat er letztes Jahr seine ganze Marie in einen alten, babyblauen Kadett gesteckt, mit dem er sich auch schon die ersten Pokale geholt hat. Zweitens fährt die Mama eh selten mit der V-Strom. Darum ist Suzuki grad rechtzeitig dran, mit der neuen großen V-Strom, wenn es nach dem Stricher geht.

Weil: Nachdem 2008 die Euro-3-Abgasnorm in Kraft getreten ist, musste die Vorgängerin vom europäischen Markt genommen werden. Wurden von ihr 2006 noch 6000 Einheiten produziert, 2007 noch 4500, kam Suzuki 2009 schon mit 1100 Einheiten aus, im Jahr drauf sogar mit 400 Stück. Nach 46.200 Stück war für die 1000er-Strom das Licht aus. Zum Vergleich: Von der bis 2009 produzierten und 2004 einmal überarbeiteten 650er-Strom hat Suzuki 140.800 Stück produziert.

Nur nirgends anecken

Jetzt wollte Suzuki den Kuchen der großen Reise-Enduros nicht nur BMW, KTM, Ducati und Kawasaki überlassen, sich aber gleichzeitig nicht in die Nesseln setzen. Gegen eine 12er GS ist kein Kraut gewachsen, das wissen inzwischen alle, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen. Darf die Reise nur über die Straße führen, dann ist man neuerdings mit KTM und der überarbeiteten Multistrada bestens bedient. Und darf es ein Reihenvierer sein, dann greift man zur Kawasaki Versys. Darum setzt Suzuki weiterhin auf den 1000er-V2 und kommt so auch den 800ern nicht ins Gehege. Das meint zumindest Suzuki. In Wirklichkeit wird sie sich wohl mit den größeren und kleineren messen müssen.

Und das kann sie auch. Denn sie wurde komplett überarbeitet. Das beginnt beim Motor und endet bei der Elektronik. Den Motor der TL 1000 hat Suzuki aufgebohrt, mit zwei Zündkerzen pro Häferl ausgerüstet, die Kolben überarbeitet, Pleuel, Kurbelwelle, Zylinderköpfe. Unterm Strich hat der V2 jetzt 1037 Kubikzentimeter, mit 100 PS um 2 Pferde mehr im Stall und mehr Drehmoment von unten heraus. Kurbelte der alte Murl bei 6400 Umdrehungen mit 101 Newtonmeter an, drückt der neue Motor schon bei 4000 Umdrehungen sein Drehmomentmaximum von 103 Newtonmeter ab.

Acht Kilo leichter

Gemeinsam mit der Gewichtseinsparung von acht Kilogramm – durch einen leistungsfähigeren Kühler konnte auf einen Ölkühler verzichtet werden – wird die große Strom schon brav marschieren. Zudem braucht sie jetzt um 16 Prozent weniger Sprit – 4,7 Liter weist der Worldwide Motorcycle Test Cycle aus.

Die V-Strom hat jetzt ABS und eine Traktionskontrolle, die man in zwei Stufen regulieren oder ganz abschalten kann. Übrigens: Die Schräglage ist nicht Teil der Berechnungen der Traktionskontrolle, die alle vier Millisekunden ihre Werte sammelt und verarbeitet.

Straßenkilometerfresser

Und da sind wir dann auch schon bei den Kleinigkeiten, bei denen auch die V-Strom Federn lassen muss. Das Windschild lässt sich in der Höhe nur mit dem Bordwerkzeug verstellen, während der Neigungswinkel ganz innovativ mit der Hand verstellt werden kann. Der Tank wurde kleiner – was aber durch den geringeren Verbrauch nicht allzu stark ins Gewicht fallen sollte. Und nein, die V-Strom hat keinen Kardanantrieb, und ins Offroad wird sie auch nicht wollen. Gegen den Geländeeinsatz sprechen die Aluräder – nun mit 10 Speichen – und die doch recht kurzen Federwege von je 160 Millimeter.

Aber in den Dreck will der Stricher mit der V-Strom sicher eh nicht. Dafür hat er ja seine Motocross. Was ihm aber taugen wird, weil man ja immer was zum Mitnehmen hat: Die Koffer sind bei der V-Strom schon von Haus aus angedacht. Das kleine Topcase schluckt mit 35 Liter Volumen locker einen Vollvisier-Helm, ein 55-Liter-Topcase gibt es aber ebenfalls. Und die 29 und 26 Liter fassenden Seitenkoffer sind so designt, dass selbst wenn sie montiert sind, der Lenker immer noch breiter ist.

Und der Preis? Billiger als die großen 1200er, teurer als die 800er – Suzuki setzt wieder auf die goldene Mitte: 13.990 Euro. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 14.10.2013)