Bente Knoll ist Expertin des Monats Oktober.

Foto: Wilke/Mediendienst

Zwei Dinge waren für Bente Knoll klar, bevor sie sich für ein Studium entschied: Es musste in Wien angeboten werden - möglichst weit weg von Kärnten, wo sie maturiert hatte. Und es durfte kein Fach sein, das sie schon aus der Schule kannte.

Da sie den Naturwissenschaften nicht abgeneigt war und durch ihren Vater, einen Bergbauingenieur, bereits auf den Geschmack gekommen war, sich also für Bodenkunde und Vermessungstechnik zu interessieren begann, inskribierte sie Landschaftsplanung und -pflege an der Universität für Bodenkunde in Wien. Im vierten Semester, als sie 19 war, kam ihr Sohn zur Welt. "Er hat brav mitstudiert", sagt Knoll, die große Unterstützung auf der Uni fand.

Während des Studiums stieß sie schnell auf feministische Aspekte in der Planung - und auch an deren Grenzen: "Genderthemen waren nicht im Lehrplan verankert", sagt Knoll. Also engagierte sie sich in Lesekreisen und Diskussionsrunden, um feministische Theorien durchzuackern. "Ich greife heute noch auf Texte aus dieser Zeit zurück", sagt sie.

Nach dem Diplom und ein paar Jahren als Projektmanagerin gründete die zertifizierte Mainstreaming-Gender-und-Diversity-Beraterin 2004 das "Büro für nachhaltige Kompetenz", wo sie heute sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Daneben studierte sie an der Technischen Universität Bauingenieurwesen. Das Thema ihrer Doktorarbeit - Genderaspekte in der Mobilität - beschäftigt sie nach wie vor. Die Initiative "Femtech" des Verkehrsministeriums zeichnete Knoll nun als "Expertin des Monats" aus.

"Bei gängigen Erhebungen zum Mobilitätsverhalten wird nach den Verkehrsmitteln gefragt, die man an einem bestimmten Tag benützt hat, und andererseits nach dem Zweck des Weges", schildert Knoll. "Beim Zweck kann man meistens nur eine Möglichkeit angeben, etwa ob man auf dem Weg zur Arbeit war, zum Einkaufen, zu Freizeitaktivitäten oder um Personen wo hinzubringen oder abzuholen." Aus feministischer Sicht viel zu undifferenziert: "Oft gibt es nicht nur einen Zweck, zum Beispiel, wenn man mit dem Kind für eine Stunde zum Spielplatz geht. Unbezahlte Betreuungsarbeiten kommen nicht vor, eine scheinbar banale Tätigkeit wie ein Besuch fehlt schlicht."

Welche Bedürfnisse in Sachen Fortbewegung Menschen haben, die ein Kind oder Angehörige betreuen, erforscht Knoll derzeit mit einem Team in dem Pilotprojekt "mobility4job". In 30 ländlichen Gemeinden im südlichen Niederösterreich werden verkehrsplanerische Lösungen gesucht, damit sich Betreuungspflichten und Job bzw. Wiedereinstieg in den Job gut vereinbaren lassen. Ein Hauptproblem ist, dass der Nachwuchs meistens mit dem Auto herumkutschiert wird. "Eine Lösung wäre, Kindern und Jugendlichen mehr zuzutrauen und sie dabei zu stärken, eigenständig unterwegs zu sein", sagt Knoll. Bei ihren Planungen müsse sie immer wieder "ums Eck denken".

Wie wichtig es ist, Geschlechtergerechtigkeit von Anfang an mitzudenken, lehrt Knoll seit Jahren an der TU Wien und der Uni Linz im Fach "Gender Studies in den Ingenieurwissenschaften". Sie versucht unermüdlich, das Klischee vom einsam tüftelnden Techniker aufzubrechen: "Wir müssen reale Berufswelten zeigen. Die haben sehr wenig mit dem landläufigen Image zu tun." (Karin Krichmayr, DER STANDARD, 16.10.2013)