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Eine Gruppe von rund 25 obdachlosen Menschen wurde von der Polizei aus dem Wiener Stadtpark vertrieben.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wien - In der Nacht von Montag auf Dienstag wurden die Schlafplätze obdachloser Männer und Frauen von der Polizei im Wiener Stadtpark geräumt. Rund 25 Obdachlose übernachteten hier regelmäßig auf Parkbänken und schützten sich notdürftig mit Schlafsäcken und Planen vor dem Wetter. Bei den Personen handelt es sich vor allem um nicht anspruchsberechtigte obdachlose EU-Bürger und psychisch kranke Menschen, sagt Caritas-Geschäftsführer Klaus Schwertner.

Verstoß gegen Campierverordnung

Grund für die Räumung waren Anrainerbeschwerden, so Polizeisprecherin Adina Mircioane. Im Zuge eines Planquadrats ordnete die Streife den obdachlosen Menschen an, die Bänke von ihren Habseligkeiten zu befreien. "Der dauerhafte Aufenhalt verstößt gegen die Campierverordnung", sagt Mircioane. Außerdem sei es das gute Recht von anderen Personen, die Bänke ebenfalls zu benutzen.

Die neun anwesenden Obdachlosen hätten der Anordnung widerstandslos Folge geleistet. Die persönlichen Sachen jener obdachlosen Menschen, die nicht anwesend waren, wurden zum Teil vom Magistrat für Stadtreinigung (MA 48) entsorgt. "Das waren aber nur Müll, Essensreste und löchrige Planen. Wir haben kontrolliert, ob sich darunter auch keine Wertsachen und Dokumente befinden", sagt Mircioane.

Aktion für Caritas beschämend

Bis zu dreimal pro Woche waren im Stadtpark Sozialarbeiter in der Nacht vor Ort. "Es ist sehr schwierig, diese Leute in ein Betreuungsverhältnis zu bekommen", sagt Schwertner. Er findet die Aktion beschämend. "Damit werden keine Probleme gelöst, sondern nur verlagert." Die obdachlosen Menschen würden nun in der Stadt weiterziehen und sich Plätze suchen, an denen sie sich verstecken können.

Zu wenige Schlafstellen in Wien

Generell gebe es gerade für obdachlose EU-Bürger viel zu wenig Angebote. "In diesem Bereich sind soziale Organisationen besonders auf Spenden angewiesen", sagt Schwertner. Ein Notquartier für Obdachlose aus dem EU-Ausland ist die Zweite Gruft. 46 Männer und Frauen wohnen in der zweiten "Gruft", die eigentlich für 40 Menschen ausgelegt ist: Die von der Caritas in Wien-Währung betriebene Notschlafstelle für Obdachlose aus EU-Ländern ist bereits vor Beginn des Winter mehr als ausgelastet. "Außer uns nehmen nur noch die Vinzenzgemeinschaft und Ute Bock Obdachlose aus EU-Ländern auf", sagte Schwertner. 

Grüne: "Armut bekämpfen, nicht die Armen"

Als "menschenunwürdiges Verhalten" bezeichnet die Sozialsprecherin der Grünen Wien, Birgit Hebein, die Vertreibungsaktion aus dem Wiener Stadtpark. "Der Kampf gegen Menschen in Armut nimmt immer aggressivere Ausmaße an, wie die jetzige Aktion zeigt", sagte Hebein in einer Aussendung.

Es sei ein Faktum, dass die Armut vor allem in den osteuropäischen Ländern steigt, so Hebein. Besonders die Roma gehöre zu jener Minderheit in Europa, die am stärksten verfolgt und kriminalisiert wird. "Wir können zwar nicht alle Probleme in Europa lösen, aber wenn Menschen nach Wien, in eine der reichsten Städte der Welt, kommen, dann ist ein menschenwürdiger Umgang das Mindeste, was wir hier anbieten sollten. Bekämpfen wir die Armut, und nicht die Armen", so Hebein.

Verdrängung aus dem Blickfeld

Denn die Verdrängung von in Armut lebenden Menschen aus dem Blickfeld und aus dem öffentlichen Raum führe zu einer weiteren Entsolidarisierung unserer Gesellschaft und fördere Vorurteile und rassistische Hetze gegenüber den Ärmsten, sagt die Grüne. "Die Grünen setzen sich seit Jahren gegen Bettlerverbote ein und empfehlen als ersten Schritt den Einsatz von Streetworkern mit Dolmetsch und eine niederschwellige Einrichtung zur Grundversorgung der Menschen in Not. Wir werden uns weiterhin auch beim Koalitionspartner um diese Anliegen bemühen", so Hebein. (jus, elm, derStandard.at, 18.10.2013)