Physik ist eine derjenigen Wissenschaften, die sich traditionell ein wenig schwer damit tut, ihre Fragen und Erkenntnisse aus den Universitäten hinauszutragen. Denn was Super-Strings, Quantenfluktuationen oder die Hawking-Strahlung mit dem täglichen Leben zu tun haben, ist oft nicht sofort einsichtig.

Um physikalische Erkenntnisse für die Allgemeinheit zugänglich zu machen hat Markus Arndt, Professor für Experimentelle Quantenphysik und seit einem Jahr Dekan der Fakultät für Physik der Universität Wien, die "Physik-Matinee" ins Leben gerufen: In einer Reihe von Vorträgen am Samstagvormittag am Institut in der Wiener Boltzmanngasse präsentieren Professoren und eine Professorin der Fakultät ihre Forschung - beinahe ohne mathematischen Formalismus, dafür aber bei Kaffee und Doughnuts. Letzten Samstag eröffnete der Quantenphysiker und Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Anton Zeilinger die Reihe mit einem Vortrag zu "Schrauben aus Lichtquanten" - ein "merkwürdiger Titel", wie er meinte.

Vor knapp 400 Zuhörern - von Schülern bis Pensionisten - sprach Zeilinger über experimentelle Möglichkeiten in der Quantenphysik, Lichtteilchen zu modellieren und schraubenartige Zustände herzustellen.

Doughnuts aus Lichtquanten

Es blieb nicht nur bei Theorie, zwei seiner Doktoranden bauten die Experimentieranordnung vor Ort auf und machten so die Modellierung von Lichtquanten sichtbar. Bei einer Abbildung der Lichtschraube wurde klar, warum statt der österreichischen Variante Krapfen Doughnuts zum Vortrag gereicht wurden: Die Abbildung der zeitlichen Mittelung nennt sich wegen der ringförmigen Struktur Doughnut-Licht.

Besonders viele Fragen ergaben sich durch Zeilingers Ausführungen dazu, wie Wirklichkeit im Kontext der Quantenphysik verstanden werden kann. "Geht es bei der Physik um Wirklichkeit oder darum, was über die Physik gesagt werden kann?", war eine der Fragen, die auch schon Albert Einstein beschäftigten.

Bis Ende Jänner sind noch sechs Vorträge mit anschließender Diskussion aus verschiedensten Gebieten der Physik zu hören. Arndt hat sich bei der Konzeption an ähnlichen Initiativen deutscher Hochschulen orientiert. "Die Physik hat immer mit anziehenden und abstoßenden Kräften zu tun - wir dachten, wir starten ein Experiment, und Sie sind nun Teil davon", sagte er zum Auftakt der Matinee. "Wir wollen Erfahrungen austauschen, und vielleicht entsteht ja eine neue Kraft daraus."

Nicht nur klingende Titel wie "Quarks, Higgs und Teilchenkanonen - eine Reise durch die Welt der Elementarteilchen" (am 9. November), "Supraleitung: der Walzer der Elektronen" (11. Jänner) oder "Sternenstaub und Silberstift" (25. Jänner) sollen das Publikum anlocken - für regelmäßige Besucher der Physik-Matinee gibt es zudem eine Reise nach Paris mit einer Führung durch die Labors des Physiknobelpreisträgers 2012 zu gewinnen. Sollte die Matinee beim Publikum Anklang finden, will Arndt sie im nächsten Wintersemester fortsetzen. Auch könnte er sich vorstellen, dass die Idee von anderen Fakultäten aufgegriffen wird. (Tanja Traxler, DER STANDARD, 23.10.2013)