Einblick in die Ausstellung "Volumes of Stone" von Imogen Stidworthy in der Galerie Raum mit Licht.

Foto: Klaus Vyhnalek

Wien - Mit Malerei haben Imogen Stidworthys Arbeiten nur im Entferntesten zu tun. Und so wird die im Rahmen des Galerienprojekts curated by gestellte Frage "Why Painting Now?" eher im Aufzeigen zeitgenössischer Alternativen zum älteren Medium beantwortet.

Bilder, die im Kopf gedeihen, ausgelöst durch Erzählungen oder Literatur, haben eine wahnsinnige Kraft. Im Vergleich zu dieser gedanklichen Bildgewalt nimmt sich die Visualisierungsleistung von Malerei blass aus. Um diese Fähigkeit zum Verbildlichen geht es in der Videoarbeit Sacha (2011/2012), in der der blinde Hauptdarsteller Sprachen eine Gestalt verleiht, ihnen einen gewissen geografischen Raum zuordnet. Denn Sacha von Loo, der in Belgien als Profiler und Abhörspezialist für die Polizei arbeitet, vermag jede Feinheit, jede Dialektfärbung, ja sogar generationsbedingte Variationen aus Sprachquellen herauszuhören.

Smart und doppelbödig wird die Arbeit, die es rein visuell bei nahsichtigen Bildern des Hochkonzentrierten belässt, in der Wahl ihrer Tonquelle: Gelesen werden Passagen aus dem Roman Im ersten Kreis von Alexander Solschenizyn, in denen es um die Entwicklung eines Stimmenverzerrers und eines Stimmen-Identifikationsgeräts für den KGB geht. Verschärft wird die Aufgabe dadurch, dass auch Nichtmuttersprachler sich mit dem russischen Original abmühen.

Ihren Fokus auf Sprache, menschliche Stimme und akustische Wahrnehmung nutzt Imogen Stidworthy (geb. 1963 in London) in ihrer Arbeit immer auch für eine subtile Form der Gesellschaftskritik. Auch zwei weitere Bilder in der Galerie Raum mit Licht basieren auf Techniken, die dem Hören verwandter sind als einem Sehen mittels Optik. 3-D-Laser tasten Oberflächen ab, werten die Intensität der reflektierten Signale allerdings bildlich aus. Dort, wo Daten fehlen, entstehen Flecken, die bei Stidworthy durchaus metaphorisch gedeutet werden können: So zeigen sie etwa jenes dunkle Loch, wo die Profite jener verschwinden, die alte Ziegel aus Abbruchhäusern als Vintage-Baumaterialien wiederverkaufen. Einer dieser Ziegel verweist anderswo wiederum auf Ruinen - auf das physische wie psychische Zerbröseln von Städten und Menschen im Krieg. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 24.10.2013)