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Von Tarnung keine Spur: ein Entwurf von Guillaume Henry für Carven für die kommende Frühjahrssaison.

Foto: Reuters/Tessier

Mit dem Camouflage-Muster ist das so eine Sache. Denn Camouflage ist keine Blümchen gewordene Harmlosigkeit à la Laura Ashley – zuständig für gute Laune oder romantische Träumerei. Vielleicht zieht das Tarnmuster nicht zuletzt deshalb auch die Frauen an. Doch das bleibt Vermutung. Die Wahrheit, die kennen wohl nur die Modezeitschriften. Bei denen läuft das Camouflage-Muster nämlich unter der Rubrik "Military Chic" in Dauerrotation.

Irgendwie mag das ja auch passen. Vor hundert Jahren war es das Militär, das die textile Tarnung als das neue Nonplusultra entdeckte. Was damals passierte? Statt im Rotrock Schlachten zu schlagen, passten sich die Uniformen der Umgebung an. Dass Tarnmuster dabei nicht gleich Tarnmuster ist, erklärt sich von selbst. Je nach Einsatzgebiet waren der Phantasie in Sachen Fleckenformation keine Grenzen gesetzt: Ob Tiger-, Wüsten- oder Eichentarn, ob Flecken oder Zacken, ob Herbst- oder Frühlingsfarben, irgendwie schien alles möglich.

Tarnen in der Fußgängerzone?

Und in Österreich? Wurde 1957 für das unauffällige Herumrobben im mitteleuropäischen Mischwald der "M57", der Kampf- und Tarnanzug des Bundesheeres, entwickelt. Inklusive einer saisonalen Alternative: Die Innenseite blieb dabei unbedruckt weiß für den Einsatz im Winter. Inspiration des äußeren Tarnmusters, liebevoll "Fleckerlteppich" genannt und seit Ende der Siebziger Jahre weitestgehend verschwunden: Das SS-Erbsentarnmuster. Mit dem haben die aktuellen Ideen der Designer allerdings wenig zu tun. Und tarnen? Will sich mit den neuesten Camouflage-Loafern an den Füßen in der Fußgängerzone wohl auch niemand.

Davon abgesehen: In Deutschland ist die Wehrpflicht abgeschafft, in Musik- und Popkultur ist man mit Camouflage längst durch. Aus dem Kontext gefallen ist das Muster also allemal, und ansonsten? Wer die Fußgängerzone als ausgeweitete Kampfzone versteht, hat vielleicht mehr Verständnis für Frauen wie Männer, die im Alltag Tarnmuster tragen. Hier werden schließlich die modernen Schlachten um Rabatte und Sonderangebote, um die neuesten Trends, ach was, die Neuinszenierung des Ich geschlagen. So weit hat sicherlich auch der Modedesigner Guillaume Henry gedacht. Der hat eben erst das französische Label Carven entstaubt und ließ in Paris eine ganze Modeltruppe im Camouflage-Muster in Pink auflaufen. Von Tarnung natürlich keine Spur. Wobei: Es heißt, Rosa sei die Farbe der Stunde. Vielleicht hat Guillaume Henry seine Kollektion doch einfach der Umgebung angepasst. (Anne Feldkamp, derStandard.at, 29.10.2013)

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