Alles war sehr manierlich bei der Angelobung, der Bundespräsident Heinz Fischer von seiner Loge aus beiwohnte.

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Wien - Es war ein bisschen wie am ersten Schultag nach den Ferien. Bei der Konstituierung des neuen Nationalrats waren alle Redner voller Tatendrang und beseelt von guten Absichten und Vorsätzen. Sie stimmten das hohe Lied auf den Parlamentarismus an, versprachen Besserung im Umgang miteinander und wollen fortan gemeinsam das Beste für "die Bürgerinnen und Bürger" da draußen.

Zuerst einmal ging es am Dienstag aber darum, formell und förmlich unter Nennung diverser akademischer Titel 183 neue oder wiedergewählte Abgeordnete anzugeloben, und zwar auf "Unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten". 182 Mandatare gelobten ohne Zusatzformel, eine neue ÖVP-Mandatarin, Martina Diesner-Wais, tat dies, so wahr ihr Gott helfe.

Politische Flora

Unter den wohlwollenden Augen von Bundespräsident Heinz Fischer wurde Grünzeug aufgestellt, die Grünen brachten Basilikum, Schnittlauch, Koriander und anderes Grün im Topf mit "als Zeichen für nachhaltiges Wachstum", die anderen Fraktionen trugen traditionell florale Zeichen am Revers - die SPÖ seit 2006 rote Rosen, davor Nelken, die ÖVP weiße Rosen, die FPÖ Kornblumen samt Rot-Weiß-Rot-Schleife und Neos den Bundesadler, der trefflich zur von sechs Musikern intonierten Bundeshymne passte.

So harmonisch wie die Hymne war auch die Tonlage der Redebeiträge der Klubobleute gestimmt. Als Erster pries Andreas Schieder in seiner neuen Funktion als SPÖ-Klubchef "Kompromiss und Kooperation" als Teil des angestrebten "neuen Stils": "Der SPÖ ist das konstruktive Miteinander wichtig", sagte er, während Ex-ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch auf der Besuchertribüne fotografierte.

Die ÖVP-Zaungäste - EU-Delegationsleiter Othmar Karas und Ex-Verteidigungsminister Robert Lichal - wiederum hörten ihren Parteichef Michael Spindelegger in dessen Interimsfunktion als Klubchef sagen, dass die ÖVP versuchen wolle, "allen die Hand zu reichen" und mit allen Parteien regelmäßigen Kontakt zu pflegen.

"Nur die Tat"

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, der - prominenter FPÖler auf der Galerie war Ex-Vizekanzler Norbert Steger, dessen Tochter angelobt wurde - komprimierte dann mit einem Zitat aus der Phänomenologie des Geistes von Georg Wilhelm Friedrich Hegel das wichtigste Begehr der Opposition in einem Satz: "Denn die Wahrheit der Absicht ist nur die Tat." Ein Hauch von "Weltgeist" im Hohen Haus. Oder, pragmatischer gesagt: Die Opposition - für den Fall, dass SPÖ und ÖVP wieder regierungseins werden - will nicht nur hehre Worte, sondern echte Rechte. Konkret mehr Minderheitsrechte im Parlament, vor allem das Recht auf Einsetzung von U-Ausschüssen, das FPÖ-Chef Heinz Christian Strache und Grünen-Chefin Eva Glawischnig im Interesse eines vitalen Parlamentarismus nachdrücklich urgierten.

Team-Stronach-Klubchefin Kathrin Nachbaur dankte zuerst ihrem Mentor Frank Stronach, der wenn auch "unkonventionell", doch geholfen habe, "den Fuß in die Tür zu bekommen", und dann ihrem Vater auf der Tribüne, und zitierte Thomas Jefferson, einen der Hauptverfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, auf Englisch und Tacitus' Annalen: "Je korrupter ein Staat ist, desto mehr Gesetze braucht er."

Stronach selbst genoss die Kameras, entschuldigte sich an diesem "ehrenwerten Ort" für etwaige persönliche Angriffe im Wahlkampf, bekam dafür Applaus und verortete seine Partei so: "Wir sind nicht links, wir sind nicht rechts, wir sind bei der Sache."

"Wir sind da"

Die Neos meldete Matthias Strolz zum Dienst: "Wir sind da. Darüber freuen wir uns sehr." Und zum ersten Mal wurde an diesem feierlichen Vormittag - nicht nur von LIF-Gründerin Heide Schmidt auf der Tribüne - herzlich gelacht im Parlament, denn dem Klatschen nach "freuen sich nicht alle mit uns", scherzte Strolz.

Vielleicht ist ja auch er ein Hegelianer und dachte in dem Moment an die "List der Vernunft". Seine Premiere im Parlament beendete Strolz jedenfalls so: "Bis bald!" Und noch einmal hörte man heiteres Lachen im Hohen Haus. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 30.10.2013)