Christoph Wagner-Trenkwitz und Cornelia Horak wohnen am Rande des Wienerwalds. Warum die beiden Bühnenmenschen vor ihrem Haus mehrmals täglich im Pyjama anzutreffen sind, erfuhr Wojciech Czaja.

"Wir leben in einer kleinen Wohnhausanlage, die in der Zwischenkriegszeit im Rahmen der Siedlungsunion errichtet wurde. Das heißt: Es haben sich damals Menschen zusammengefunden, die Geld hatten, und solche, die Arbeitskraft zur Verfügung stellen konnten, um gemeinsam – als Union sozusagen – für sich diese Häuschen mit Blick auf Wien zu bauen. Alles war auf Selbstversorgertum ausgerichtet. In den alten Plänen ist zu sehen, dass der Keller damals als Stall gewidmet war. Die Rasse der Stiegenschweine und Treppenhendln ist mittlerweile ausgestorben.

"Das Beste hier oben ist die Ruhe – und der Duft der Luft". Christoph Wagner-Trenkwitz und Cornelia Horak vor ihrer Schlafzimmer-Dependance.
Foto: Lisi Specht

Einige Fragmente dieser Patchwork-Familie wohnen hier schon seit 2000, andere erst seit 2011. Wir haben immer im Zentrum gewohnt, in diesen schönen Mietwohnungen, die einem eh nie selbst gehören, weil man sich dafür krankzahlen müsste, und niemand von uns hat sich vorstellen können, jemals an der Peripherie zu wohnen. Aber es geht! Es ist alles da, was man braucht. Ein Billa, eine Bäckerei, eine Bushaltestelle vor der Tür, zur Volksoper fährt man keine 30 Minuten, und fünf Gehminuten von hier befindet sich eines der besten indischen Lokale Wiens. Das Schutzhaus am Heuberg ist eigentlich eine klassische Wienerwaldhütte mit Schnitzel und Schweinsbraten und so, doch abends, so ab 17 Uhr, mutiert sie zu einem ausgezeichneten indischen Currylokal. Eine wunderbare Transformation! Und auf der Hernalser Hauptstraße gibt es ein exzellentes kroatisches Fischrestaurant namens Bodulo. Doch das Beste hier oben ist die Ruhe – und der Duft der Luft. Allein schon auf diesem kurzen kleinen Wegerl, das man von der Straße zum Haus entlanggehen muss, plumpst der Stress, den einem die Stadt aufgebürdet hat, von den Schultern.

Und was uns so rasch niemand nachmachen kann, das ist das unmittelbare Leben in und mit der Natur. Denn mindestens zweimal pro Tag, einmal in der Früh und einmal am Abend, bewegen wir uns schlaffein, also mit Nachtpanier und saisonal angepasstem Schuhwerk, das je nach Wetter zwischen Flip-Flop und Gummistiefel variiert, zwischen Wohnhaus und Schlafzimmer hin und her. Das Haus hat knapp 100 Quadratmeter auf zwei Stockwerken, wir leben hier zu mehrt, haben Arbeitszimmer für uns beide, Wohnsalon und Antiquitätenlager, und für unsere Schlafstätte war schlicht und einfach kein passendes Zimmer mehr parat.

Und so haben wir beschlossen, den alten Gartenschuppen umzufunktionieren, und erfreuen uns nun an einer Schlafhäuschen-Dependance im Grünen. Andere sagen so nonchalant: 'Wir gehen jetzt schlafen!' Aber wir, wir gehen wirklich schlafen. Wir spazieren sogar schlafen. Das hat etwas feierlich Getragenes. Und praktisch ist es auch noch, denn erstens gibt uns das das Gefühl, uns regelmäßig sportlich zu betätigen, und zweitens kann man beim Zu-Bett-Gehen oder Zu-Frühstück-Wandern noch die eine oder andere Beere stibitzen, um sie dann Journalisten oder Fotografinnen in einem Schüsserl vorzusetzen. Von unseren gelben Himbeeren waren bis jetzt alle begeistert. Nur mit den Weichseln hapert's noch. Pro Saison trägt unser Weichselbaum ein Stück Weichsel. Das hat Potenzial.

Ansonsten sind wir stolz darauf, dass das Wort Design für uns nicht existent ist. Wir sind keine Wohndesigner. Wir sind Möbeljäger und Möbelsammler! Das Haus ist eine Mischung aus Mitbringseln, Müllplatzfindungen und recycelten Wohnutensilien. Aber kein Gschisti-gschasti! Und plötzlich steht ein chinesischer Raumteiler mitten im Wohnzimmer, obwohl wir ob der geringen Zimmergröße nicht wirklich Bedarf nach einer Raumteilung haben. So ist das im Leben." (DER STANDARD, 2.11.2013)