Wien - "Eine musikalische Geselligkeit" nannte das Klangforum den Abend in bewusst anachronistischer Weise. Und dass es sich um ein absichtsvolles Wider-den-Zeitgeist-Löcken handelte, wurde dabei auch auf subtil-ironische Weise sichtbar. Doch dazu später.

Ganz ernst ist allerdings das Programm des diesjährigen Konzerthaus-Abos, unter dem Titel "Langstrecke" mit ausschließlich abendfüllenden Werken statt der üblichen scheibchenweisen Programmdramaturgie die Konzentration des Publikums jeweils über eine recht lange Dauer zu fordern.

Das Auftragswerk von Georges Aperghis wurde vor kurzem bei den Donaueschinger Musiktagen uraufgeführt und war nun im Rahmen von Wien Modern (und zugleich innerhalb des Abozyklus) im Konzerthaus zu erleben. Seine Kurzweiligkeit beruhte nicht nur darauf, dass es entgegen der Ankündigung von 90 Minuten Spieldauer (im Internet) bzw. 65 Minuten (im Programmheft) nur eine knappe Stunde in Anspruch nahm. Aber auch Langstreckenflüge können ja manchmal rascher gehen als geplant.

Und ein konzeptuelles Großprojekt ist Situations jedenfalls, gemäß seinem Untertitel sowohl ein "Konzertstück" als auch "eine Soirée musicale" für die 24 MusikerInnen des Klangforums.

Lichtregie einmal anders

Das schon öfter gezeigte Bestreben des Ensembles, das klassische Konzertformat mit frischen Ideen neu zu beleben, zeigte sich geradezu demonstrativ, indem neben dem üblichen instrumentalen Aufbau auch eine gemütliche Sitzecke mit Bücherregal auf dem Podium stand und rund 15 Lampen und Leuchten (vom Drei-Euro-Ikea-Teil bis zum Designerstück) über die Bühne verteilt waren. Philipp Harnoncourt war es in der "Lichtregie" vorbehalten, sie an sinnvollen Stellen zu bedienen.

Und die Musik? Allein zum konzentrierten, auf sich selbst fokussierten Hören mag es ergiebigere Stücke geben. In der Live-Situation aber war das Ineinandergreifen von solistischen Passagen (von oft hohem Quirligkeitsgrad) und orchestralem Gewebe teils adrett, teils nicht nur atmosphärisch, sondern auch klanglich dicht, wobei Dirigent Emilio Pomàrico stets für Klarheit im Getriebe sorgte. Am stärksten aber wirkten jene Stellen, wo einzelne Ensemblemitglieder in der Art integrierter Kurzporträts musikalisch und teils auch verbal in den Vordergrund traten. Hier ergaben sich intime Momente, die wirklich nahezu Wohnzimmerstimmung ausstrahlten. (Daniel Ender, DER STANDARD, 4.11.2013)