Für Geisteswissenschafter kommt das Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte (MPIWG) einem idealen Ort der Forschung ziemlich nahe. Zugleich weist das von Lorraine Daston, Dagmar Schäfer und Jürgen Renn (siehe Interview) geleitete Institut in Berlin den Weg, wie historische Forschung in Zukunft betrieben werden könnte.

Das Herzstück des 2007 im Villenbezirk Dahlem errichteten Institutsneubaus ist die Bibliothek, die 24/7 geöffnet hat und um die herum die Büros der Mitarbeiter angesiedelt sind. In der Bibliothek finden sich immerhin rund 65.000 Bände an Primär- und Sekundärliteratur aus der Geschichte der Wissenschaften, darunter auch 2500 Bände wissenschaftshistorische Kostbarkeiten.

Zudem haben die Mitarbeiter und Gäste des MPIWG Zugang zu rund 30.000 elektronischen Zeitschriften. Und wenn die gewünschten Texte auch da nicht verfügbar sind, dann besorgt sie ein Team von insgesamt neun Bibliothekarinnen und Bibliothekaren - drei von ihnen sind nur für Fernleihe zuständig - in kürzester Zeit. "So kommt es, dass am Institut im Schnitt rund 3000 ausgeliehene Bücher aus aller Welt in Zirkulation sind", sagt Bibliotheksleiter Urs Schöpflin.

Diesen Luxus können nur die Mitarbeiter und Gäste des Instituts in Anspruch nehmen. Dem MPIWG ist es seit seiner Gründung 1994 aber auch ein Anliegen, Forschern außerhalb des Instituts den Zugang zu wissenschaftshistorischen Originalquellen und zur Sekundärliteratur zu erleichtern. So wurden und werden die kostbaren Primärquellen des Instituts nach neuesten technologischen Standards eingescannt, zudem in Text umgewandelt und in beiden Formen für Benutzer aus aller Welt online zugänglich gemacht.

Darüber hinaus ist das MPIWG seit 2004 auch noch am Projekt "Echo - Cultural Heritage Online" federführend beteiligt, das solche Digitalisierungsprojekte mit Partnerinstitutionen international vernetzt betreibt. Die IT-Abteilung des Instituts sorgt dabei für die technische Unterstützung. Wie sehr solche Projekte auch die Wissenschaft selbst vorantreiben können, erläutert Schöpflin an der Digitalisierung von Keilschrifttafeln aus aller Welt, die vom MPIWG koordiniert wurde: "So erhielten die Forscher erstmals Zugang zu all den Tafeln, was völlig neue Zusammenhänge erschloss."

Damit nicht genug, betreibt das Institut seit kurzem auch eine eigene Buchreihe namens Edition Open Access mit frei zugänglichen Publikationen. Die erste Veröffentlichung war 2012 nicht ganz zufällig der von Jürgen Renn herausgegebene Sammelband "The Globalization of Knowledge in History", in dem es um die Ausbreitung von Wissen in den letzten 5000 Jahren geht. (tasch, DER STANDARD, 6.11.2013)