"Das Fernsehzentrum liegt im landschaftlich besonders reizvollen Westen der Stadt auf einem weithin sichtbaren Hügel nahe dem Schloss Schönbrunn mit guten Zufahrten zur West- und Südautobahn". So beschrieb Architekt Roland Rainer im Jahr 1968 das 257 Meter über dem Meer gelegene ORF-Zentrum auf dem Rücken des Wiener Küniglbergs. Die Geschichte der Bebauung begann freilich 30 Jahre früher.

"Liegenschaften nur teilweise abgelöst"

Damals ließ die deutsche Wehrmacht dort 1938 eine Flakkaserne errichten. Zum Spatenstich am 14. Mai 1938 rückte Luftwaffen-Oberbefehlshaber Hermann Göring höchstpersönlich an. Die topografische Lage des Küniglbergs als Aussichts- und Kontrollpunkt war für militärische Zwecke ideal. "Die für die Bebauung notwendigen Liegenschaften wurden durch die deutsche Wehrmacht nur teilweise 'abgelöst'", heißt es dazu in einem Denkmalschutz-Gutachten zum ORF-Zentrum. Nach dem Ende des Krieges übernahm das britische Militär die Kaserne, 1955 wurde das Areal schließlich der Stadt Wien übergeben.

1959 begannen Überlegungen, den Küniglberg für den ORF nutzbar zu machen. Roland Rainer, damals auch Wiener Stadtbaudirektor, plädierte für ein Fernsehzentrum am Küniglberg. Ab 1965 bezog der ORF leer stehende Räume der Kaserne, 1967 wurde das Grundstück dann für 225.000 Schilling an den ORF verkauft. Der Auftrag zur architektonischen Planung des Baus des neuen ORF-Zentrums wurde danach freihändig an Rainer vergeben. 1969 wurde das entsprechende Gesamtkonzept von der ORF-Geschäftsführung genehmigt, Rainer sprach in einer Broschüre zum neuen ORF-Zentrum von der "Betonburg am Küniglberg".

Zwei Tote, drei Schwerverletzte

Beim Bau Anfang der 1970er-Jahre wurde von den Baufirmen offenbar von Anfang an gepfuscht. Im April 1973 stürzte ein Bauelement ein, durchschlug drei Decken und verschüttete fünf Arbeiter. Zwei Tote und drei Schwerverletzte waren die Folge. Wenige Monate später stellte die Baubehörde die Arbeiten am ORF-Zentrum ein, da "Baumängel an den Fertigteilen vermutet werden", wie es im Bescheid der Baubehörde hieß. Die Arbeiten wurden schließlich nach einiger Zeit wieder aufgenommen, der Bau fertiggestellt und im Oktober 1974 mit einem "Tag der offenen Tür" eröffnet.

Unter dem symbolischen Glanz des neuen ORF-Zentrums und der größten Medienorgel des Landes gerieten die schweren Baumängel nach und nach in Vergessenheit, bis im Jahr 2005 ein Gutachter wegen Rissbildungen und fortgeschrittener Betonkorrosion an Parapetbalken mögliche "Gefahr im Verzug" ortete. "Sanierungsmaßnahmen sollten innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre durchgeführt werden", so der Rat des Bautechnikers.

Im März 2007 sprach ein weiterer Gutachter die dringende Empfehlung aus, die Nutzbelastung pro Quadratmeter zu beschränken. Der ORF hielt die Nutzlastbeschränkung ein und führte laufend Kontrollen durch.- DER STANDARD berichtete bereits 2007 von drohender behördlicher Schließung und zitierte etwa: "Sollten die Maßnahmen nicht umgesetzt werden, besteht die Gefahr einerseits einer behördlichen Sperre und andererseits würden im Brandfalle Personen- und/oder Sachwerte des ORF zu Schaden kommen." Und den internen Befund vom "Ende der Lebensdauer der Betonkonstruktion."

Mit dem Auftauchen der Bausubstanz-Probleme intensivierte sich die Diskussion über einen neuen ORF-Standort, die bis heute nicht endgültig geklärt ist. Im Herbst 2012 wurde das baufällige ORF-Hauptgebäude schließlich zwecks Sanierung geräumt. Ein Großteil der ORF-Mitarbeiter übersiedelte in Container-Dörfer und andere Bürogebäude Wiens. (APA, red, derStandard.at, 11.11.2013)