Wien - Die Ankündigung von Bundeskanzler Werner Faymann, den Aufnahmestopp für Beamte aufrechtzuerhalten, belastet die Gehaltsrunde der Beamten am Freitagnachmittag. Zwar heißt es aus der Zentrale der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), dass man derzeit nicht Stellung nehmen wolle, weil es zunächst um das Ausverhandeln der Bezüge gehe. Vorsitzender Fritz Neugebauer sagte vor Beginn der Verhandlungen nur, die Botschaft, mit dem Rasenmäher einzusparen, sei "nicht intelligent". Zu Berichten, wonach 1.500 zusätzliche Beamte nicht aufgenommen werden sollen, meinte der GÖD-Vorsitzende, er wisse nicht, wo diese Zahl herkomme. 

Doch in den einzelnen Dienststellen ist die Frustration groß.

Im STANDARD-Gespräch bringt es Herbert Bayer, Vorsitzender der Finanzgewerkschaft, auf den Punkt: "Es ist ein Armutszeugnis für die Politik, wenn man ständig darüber jammert, dass Geld fehlt, aber die Leute, die es eintreiben sollen, nicht einstellt." Im Finanzressort sei die Lage wegen anstehender Pensionierungen besonders schwierig: In den nächsten Jahren werden pro Jahr zwischen 200 und 500 Bedienstete der Finanz in den Ruhestand treten. Wenn es zu keinen Neuaufnahmen kommt, dann werden in den kommenden zehn Jahren insgesamt 4.000 Finanzbeamte fehlen, das ist ein Drittel des Personalstands. Oder anders gerechnet: "Wenn es so weitergeht, müsste man jedes Jahr ein Finanzamt zusperren."

Kein kurzfristiger Ersatz

Kurzfristig können Finanzbeamte ohnehin nicht ersetzt werden, da die Ausbildung bis zu vier Jahre dauert: In der Großbetriebsprüfung sitzen die Beamten in der Regel hochspezialisierten Juristen und Steuerberatern gegenüber, die alles versuchen, die Steuerlast des jeweiligen Unternehmens zu reduzieren. Dennoch bringt ein Prüfer in der Großbetriebsprüfung im Schitt dreieinhalb Millionen Euro pro Jahr an zusätzlichen Einnahmen für den Staat.

Vorausgesetzt, dass dieser das Geld auch eintreiben kann. Bayer: "Man darf nicht nur die Prüfer betrachten, uns fehlen die Leute ja genauso im Innendienst - was hilft es, wenn ein Prüfer feststellt, dass drei Millionen einzutreiben wären, aber keiner da ist, der das auch macht."  In vielen Fällen droht die Verjährung der Abgabenschuld.

"Es bleibt immer etwas liegen, man macht halt das, was gerade am wichtigsten erscheint. Was nicht heißt, dass das, was liegenbleibt, unwichtig wäre", sagt Bayer und verweist darauf, dass der Politik ständig neue Aufgaben für die Beamten einfallen. So wurde im Vorjahr die Immobilienertragssteuer eingeführt, die etwa auf den Wertzuwachs einer Eigentumswohnung, die der Verkäufer nicht durchgehend bewohnt hat, angewendet wird. Sie bindet viele Arbeitskräfte, die dann anderswo fehlen. Mögliche Folgen: Einnahmenentfall für den Staat, Ungleichbehandlung der Steuerzahler und letztlich steigende Wirtschaftskriminalität.

Ähnlich sieht es Hannes Taborsky, Personalvertreter im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen: "Wenn wir in der Eichbehörde keine Beamten für Kontrollen haben, werden sich einige Leute sehr freuen." Obwohl die Eichbehörde für Rechtsdurchsetzung zuständig ist und zuletzt etwa mafiaähnliche Strukturen bei manipulierten Tankfahrzeugen aufgedeckt hat, zählt sie zur sogenannten "allgemeinen Verwaltung". In dieser wurden in den vergangenen 15 Jahren insgesamt 33.000 Bedienstete eingespart.

Zähe Verhandlungen

Ihren Sparbeitrag haben die öffentlich Bediensteten auch durch einen Gehaltsverzicht geleistet: Für 2013 gab es eine Nulllohnrunde. GÖD-Vorsitzender Neugebauer wollte schon im Frühjahr mit der Regierung über die Gehaltserhöhung für 2014 verhandeln, diese wollte aber bis nach der Wahl warten. Erst am Montag dieser Woche gab es eine - sehr kurze - Verhandlungsrunde, in der traditionsgemäß nur die Wirtschaftsdaten diskutiert wurden. Bei der zweiten Runde wurde mit zähen Verhandlungen gerechnet, die Gewerkschafter wollten sich für die Gespräche offen lassen, ob sie überhaupt schon eine konkrete Forderung überreichen würden.

Neugebauer sagte vor Beginn der Verhandlungen vage, dass  sich die Kollegenschaft eine "ordentliche" Erhöhung erwarte. Diese wäre auch zur Stärkung der Kaufkraft nötig. Im Zusammenhang mit dem Budget-Loch von rund 24 Milliarden Euro bis 2018 verwies Neugebauer darauf, dass der öffentliche Dienst immer sparsam mit dem Budget umgegangen sei. Die Nulllohnrunde im vergangenen Jahr habe rund eine Milliarde Euro eingespart.  (Conrad Seidl, derStandard.at, 15.11.2013)