Wien - Die Maßnahmen zur Schließung des Budgetlochs sind in einigen Bereichen weiter gediehen als bisher bekannt. Rot und Schwarz wollen bei den Sonderpensionen "ordentlich eingreifen", wie es heißt, Lösungen könnten bereits am Dienstag präsentiert werden, ist aus den Parteien zu hören. Es geht um viel Geld: Allein in der Sozialversicherung seien 1,4 Milliarden Euro zu holen.

Zudem werden Kürzungen unter anderem bei der Bundesbahn, bei Altpolitikern und der Nationalbank ins Visier genommen. Auch Beamtenpensionen in Ländern wie Wien und in Gemeinden sollen angepasst werden, beim ORF will man allerdings nicht eingreifen. Da derartige Einsparungen mit dem Vertrauensschutz kollidieren könnten, sollen die Maßnahmen per Verfassungsbestimmung abgesichert werden. "Darüber herrscht in ÖVP und SPÖ Einigkeit", bestätigt Staatssekretär Reinhold Lopatka entsprechende Informationen des STANDARD. Allerdings ist die Koalition auf die Zustimmung einer oder mehrerer Oppositionsparteien angewiesen, will sie die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit erreichen.

ÖBB-Fall mit Folgen

Jedenfalls hat sich die Regierung nach den Querelen mit einigen Organisationen für einen großen Wurf entschieden und will sich nicht mehr mit bescheidenen Pensionssicherungsbeiträgen zufriedengeben, die noch dazu ein Fall für das Verfassungsgericht werden. Bekanntlich hat der Betriebsrat der Nationalbank gegen eine Kürzung der Altpensionen geklagt. Bereits beim Verfassungsgerichtshof liegt ein ÖBB-Fall, den der Oberste Gerichtshof vorgelegt hat. Der OGH hat Bedenken, dass die 2003 beschlossene Anhebung des Pensionsalters mit dem Vertrauensschutz in Einklag steht. Von einer Aufhebung der Regelung wären tausende Eisenbahner betroffen.

Besonders viel Staub aufgewirbelt haben zuletzt die Notenbank-Privilegien, die Pensionsbezüge von 32.000 Euro brutto im Monat ermöglichen. Die Klage der Betroffenen gegen den Solidarbeitrag von 3,3 Prozent liegt derzeit beim Arbeitsgericht, soll aber letztlich vom VfGH entschieden werden. Rückenwind für die geplanten Einschnitte wird die Regierung spätestens Ende November bekommen. Da wird der Rechnungshof der Notenbank seinen Rohbericht zum Thema Dienstrecht und Betriebspension vorlegen. Und so viel ist schon jetzt klar: Der Bericht wird weiteren Zündstoff beinhalten. Nur ein Beispiel der Prüfungsergebnisse: Die durchschnittliche Betriebspension eines Notenbankers liegt um das Drei- bis Vierfache über der Durchschnittspension eines ASVG-Versicherten.

Nowotny für Einschnitte

Banker, die gemäß dem ältesten und komfortabelsten Dienstrecht (DB1; lief 1993 aus) angestellt waren, bekommen im Schnitt 5800 Euro Pension; der Medianwert liegt etwas darunter. Zudem kritisiert der Rechnungshof in seinem Bericht diverse Zulagen, die die Notenbanker bekommen. Eine Liste der bestverdienenden Pensionisten, die sich im Bericht wiederfinden wird, dürfte wohl für weitere Diskussionen sorgen.

OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny und seine Kollegen sollen sich für die Verfassungsgesetz-Initiative aussprechen. Nowotny hatte sich bei seinem Amtsantritt 2008 die Kürzung der Pensionen auf die Fahnen geheftet. Unter Berufung auf juristische Gutachten hat er sein Vorhaben aber wieder abgeblasen.

Experte warnt

Die Schwierigkeiten mit dem Kapitel muss sich die Politik freilich auch selbst zuschreiben. Rechtzeitige und maßvolle Eingriffe in bestehende Verträge seien auch im Lichte des Vertrauensschutzes möglich, erläutert Wolfgang Mazal, Professor für Sozialrecht an der Universität Wien. "Die Fehler der Vergangenheit kann man nicht mit Gesetzen mit Zweidrittelmehrheit korrigieren", meint Mazal, der vor einem "Rasieren" der Pensionsbezüge warnt.

Der Experte hält die Methode, verfassungsrechtlich bedenkliche Maßnahmen mit Zweidrittelmehrheit gegen eine Aufhebung zu immunisieren, für inakzeptabel. Bekannt sind die Regelungen für Taxikonzessionen, aber auch zahlreiche steuerliche Bestimmungen, die durch Zweidrittelmehrheit der Kontrolle des Verfassungsgerichtshofs entzogen wurden. Das hat auch im Pensionsrecht Tradition: Die (langsame) Angleichung des Pensionsalters von Frauen an jenes der Männer wurde mittels Verfassungsbestimmung abgesichert. (Renate Graber, Andreas Schnauder, Michael Völker, DER STANDARD, 16.11.2013)