Was vor Tagen nur zu mutmaßen war, liegt nun in allen Details vor: Im Schlussdokument aus dem Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas ist tatsächlich Substanzielles angeführt. Neben vielen wirtschaftspolitischen Reformen sind vor allem die Abschaffung der Arbeitslager und die starke Lockerung der Ein-Kind-Politik zu nennen. Mit beidem macht die Regierung in Peking einen großen Sprung nach vorn in Richtung einer freieren Gesellschaft.

Präsident Xi Jinping und seiner Mannschaft gebührt Anerkennung dafür – auch wenn sie mit den Reformen gleichzeitig nur eine gewisse Einsicht ins Unvermeidliche nehmen: Die Ein-Kind-Politik war notwendig, um das explodierende Bevölkerungswachstum abzuflachen und Wohlstand zu generieren. Nach 30 Jahren und bereits einigen Aufweichungen wird sie nun de facto aufgegeben, weil erstens in China bereits Arbeitskräfte knapp (und teurer) werden. Und zweitens der soziale Druck auf die Jungen aus der 4-2-1-Gleichung zu groß wird: Es ist ihnen kaum zuzumuten, dass sie sich, wie in China noch immer üblich, um zwei Eltern und vier Großeltern kümmern müssen.

Auch das Ende der verhassten Arbeitslager mag Sympathien in der Bevölkerung schaffen. Es bedeutet gleichzeitig aber nicht, dass die Führung deswegen aufhört, Menschenrechtler und Dissidenten zu sekkieren. Dafür braucht es Maos Lager nicht mehr, es gibt auch andere Mittel. (DER STANDARD; 16.11.2013)