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Sind Saudis in Partylaune, geht's schnell nach Bahrain.

Foto: Corbis/Ocean

Anreise: Keine Direktflüge. Von Wien nach Bahrain mit einem Zwischenstopp zum Beispiel mit Etihad, Emirates oder Qatar.

Unterkunft: zum Beispiel das Kempinski Grand & Ixir Hotel, pro Person ab rund 150 Euro.

Grafik: DER STANDARD

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foto: dan saelinger / corbis

Bahrain? Kommt in westlichen Medien nur im Zusammenhang mit Formel 1 und den damit verbundenen Unruhen der schiitischen Bevölkerungsmehrheit gegen das sunnitische Herrscherhaus vor. Und der Name der Hauptstadt? Würde wahrscheinlich in keinem Millionenquiz erraten werden. Eher ordnet man ihn einem mittelamerikanischen Kanal zu. Oder dem Hut. Maximal löst er Assoziationen an den berühmten Muppet Show-Ohrwurm aus: Mahna Mahna. Was es sogar verzeihlich macht, dass viele nicht einmal wissen: Es handelt sich um eine Insel - aber bestimmt um keine der Seligen.

"Manama? Gonna party?" Das ist die verblüffende Reaktion von Menschen aus der Region, setzt man sie von einem bevorstehenden Abstecher in Bahrains Hauptstadt in Kenntnis. Man sollte es nicht für möglich halten, aber dieses kleine Eiland im - je nach Blickwinkel - Persischen oder Arabischen Golf - gilt als die Partyhauptstadt und als das Sodom und Gomorrha der Region. Eine Kreuzung aus dem Beirut vor dem Bürgerkrieg, Mallorca, Ibiza und der tschechisch-österreichischen Grenze.

Bahrain war im 19. Jahrhundert das kosmopolitische Zentrum dieser Weltgegend und 1932 das erste Land auf der Arabischen Halbinsel, in dem Öl gefördert wurde. Seitdem die Quellen aber mehr oder weniger versiegt sind, ist es von seinen neureichen und auf noch größeren Ölvorkommen sitzenden Nachbarn eindeutig überflügelt worden. Diese nur relative "Verarmung" und der gigantische Sog der Kaufkraft der umliegenden Länder mögen gemeinsam mit einer den islamischen Schein wahrenden, in den Sitten liberalen Regierung dazu geführt haben, dass "Manama Partytown" entstanden ist. Und natürlich eine Brücke.

Männerbrücke

Über den King Fahd Causeway, einen Damm mit Brücke, der 1986 mit saudischem Geld errichtet wurde und daher den Namen des saudischen Herrschers trägt, strömen an Wochenenden Heerscharen männlicher Einwohner der Golfanrainerstaaten ins "Paradies", um all das zu genießen, was ihnen unter der Wo- che daheim strengstens verboten ist. Im "Gelobten Land" gleich nebenan fließt Alkohol.

Beliebt machen sich die Nachbarn dadurch naturgemäß nicht, ganz im Gegenteil. An der Spitze der "Shit-Charts" stehen die Saudis, dicht gefolgt von den Katarern, Kuwaitern und Emiratern. Besonders die Saudis haben es den Einheimischen angetan: Sie würfen aus ihren SUVs nur so mit Geld um sich, vertrügen Alkohol nur äußerst schlecht und machten in diesem Zustand dann die ganze Gegend unsicher. Und Saudis, die sich nach dem ersten Ruf des Muezzins verzweifelt nach der nächstliegenden Moschee erkundigen, wird in Manama schon einmal vorlaut beschieden, sie mögen sich beruhigen. Denn im Gegensatz zum Land hinter der Brücke stünde hier wegen der Gebetszeiten nicht gleich das ganze Leben still.

Andererseits kann man es Bahrains Nachbarn wohl nur schwer verübeln, wenn sie hier versuchen einen draufzumachen. Denn so viele Sehenswürdigkeiten bietet die Hauptstadt nun auch wieder nicht. Außer dem hochhäusigen Business-District gibt es in Downtown nur den sogenannten Souq. Und der erinnert im Gegensatz zu seinem klingenden Namen mit dem textil- und uhrenlastigen Warenangebot eher an den Wiener Mexikoplatz.

Natürlich kann man sich hier auch ein paar interessante Sachen anschauen: etwa die renovierte ehemalige Hauptstadt Muharraq, das schneeweiße Nationalmuseum, das soeben eröffnete beeindruckende Nationaltheater oder das Qal'at al Bahrain, ein elegantes Museum rund um die Reste der ältesten Siedlung der Insel, und vielleicht noch das Fort Arad sowie einige der 5000 Jahre alten Hügelgräber. Doch am Abend führt der Weg wohl zwangsläufig ins Epizentrum der Partytown, ins Ausgehviertel Adliya, für dessen Gentrifizierung übrigens eine Frau verantwortlich ist: Bahrains Kultur- und Tourismusministerin Sheikha May bint Mohammad al-Khalifa.

Stille vor der Party

Während der Taxifahrt dorthin sind in den Straßen aber keinerlei Anzeichen "unreinen" Verhaltens zu entdecken, und man wird die Frage nicht los, wo denn nun die Party abgeht. Viel eher erinnert die behutsam renovierte Altsubstanz an die würdevolle Stille eines Museums in der Nacht. Alles sehr schön, sehr einladend und sehr ausgestorben. Doch dann sieht und hört man sie schon, die ersten der unzähligen Lokale, alle bummvoll mit einer gutgelaunten, feiernden Schickeria.

Soll man zuerst ins Zoe's, Coco's oder Jim's einfallen oder doch ins Café Lilou, ins Meat & Co, Camelot, Mezzaluna, Monsoon, Mirai oder das Upstairs Downstairs? Recht wahrscheinlich wird es die von allen Seiten empfohlene Bar 338 - nicht zuletzt, weil man dort ein anständiges Nachtmahl und Alkoholisches in einem herrlichen Gastgarten bekommt. Was daran besonders sein soll? Für uns Ungläubige nichts, für Bahrains Nachbarn am Golf alles!

Denn wenn es nicht sowieso strengstens verboten ist, Alkohol zu sich zu nehmen, dürfen sich Westler und geneigte Einheimische flüssige Benzolringe ja normalerweise nur in klimatisierten, vom Leben draußen abgeschotteten Hotelrestaurants und Bars einflößen. Wer allerdings angesichts der lauen Temperaturen gern im Freien speisen und dazu gern sündteuren, vergorenen Rebensaft genießen möchte, kann das eigentlich gleich wieder vergessen. In Bahrain hingegen geht sich beides locker aus - ein Alleinstellungsmerkmal in der Golfregion!

Nach der Bar 338 wird man vermutlich noch lange durch das Viertel schlendern und auch den anderen Vergnügungsstätten einen Besuch abstatten: etwa um eine Shisha zu rauchen - die Geschmacksrichtung Apfel/Weintraube ist gerade en vogue -, um Live-Musik in der Brazil Lounge zu hören, oder - die Nacht ist jung, die Nacht ist lau - um auf die Amwaj-Insel weiterzuziehen. Die Muju-Lounge auf dem künstlich errichteten Eiland ist weithin verschrien für seine ausgelassenen "Ibiza Style Outdoor Parties". Und spätestens beim Absacker in einer superschicken Bar wie Mai Tai, Bushido oder Bizarre Lounge im Norden Manamas ist herauszufinden: Selbst Hotelbars haben hier nichts von einer "geschlossenen Veranstaltung für Trinker", sondern stehen mitten im Leben der Stadt.

Im Morgengrauen kehrt man ins Hotel zurück, beschwingt und beseligt. Beseligt auch deshalb, weil zum Glück keine negativen Erfahrungen mit betrunkenen Wahhabiten gemacht wurden. Das muss wohl daran gelegen haben, dass man an einem Samstag unterwegs war, der nur in Bahrain zum Wochenende zählt, nicht aber in Saudi-Arabien. Die Saudis kommen eher am Donnerstag und Freitag.

Sünden outsourcen

Der Sonderstatus Manamas als Partystadt kommt - wie schon zuvor bei Beirut - ganz offensichtlich allen gelegen. Die Nachbarn haben ihr Ventil, die Bahrainer die Einnahmen. Und solange alles mehr oder weniger "unter der Tuchent" passiert, gibt's für niemanden Probleme. Die Frage ist nur, wie lange sich dieses delikate Gleichgewicht noch aufrechterhalten lässt. Denn nebenan in Katar soll ja bekanntlich 2020 die Fußball-WM stattfinden, und auch dort soll - was in der derzeit geführten Debatte "Werden die Stadien klimatisiert oder die Spiele doch in den Winter verlegt?" total untergeht - dann selbst in Hotels Alkoholverbot herrschen.

Also planen die weisen und wohlhabenden Katarer bereits eine 28 Kilometer lange - und natürlich auf ihre Kosten zu errichtende - zweite Brücke nach Bahrain. Auf diese Weise wollen sie das durch die Spiele und deren Schlachtenbummler zwangsläufig entstehende Sünden-Babel ganz einfach outsourcen.

Noch wehren sich viele Bahrainer dagegen mit Händen und Füßen, noch beschimpfen sie die großkotzigen Vettern, noch maulen sie über den dräuenden Bau einer zweiten Monsterbrücke. Noch. (Robert Quitta, DER STANDARD, Rondo, 22.11.2013)