Es war ein fataler Triumph, den die ramponierte Regierung da inszeniert hat: Die Lehrergewerkschafter durften nach vier Stunden "besiegt" hinausschleichen. Nach der 35. Verhandlungsrunde über ein neues Lehrerdienstrecht haben SPÖ und ÖVP Schluss gemacht. Sie wollen das Ding nun alleine durchziehen. Ohne Zustimmung der Gewerkschaft. Gegen "die" Lehrer. Sie und die "Luxuspensionisten" sind das Spielmaterial, das das Selbstbild von Tatkraft, Stärke und Entschlossenheit produzieren soll. Zwei simpel instrumentalisierbare Feindbilder, die die Budgetloch-Blamage überdecken sollen.

Die Inszenierung war durchaus stimmig. Den "Betonierern", die fast drei Dutzend Mal die Verhandlungsgeduld von Regierung und Öffentlichkeit strapaziert haben, wird das Mandat entzogen. Ihnen bleibt die, und das wissen auch die Lehrer, extrem unpopuläre Drohung mit einem Streik.

Dazu ist zu sagen: Zwei Drittel der sagenumwobenen 35 Verhandlungsrunden waren Vorgespräche auf Beamtenebene, was bei einem Projekt dieser Größe nicht sonderlich überrascht. Befremdlich und die vermeintlich hehren Absichten untergrabend war dagegen auch das Auftreten der Regierung. Ein in den Medien vorab als großes Entgegenkommen kommuniziertes "Angebot" wurde bei der letzten Verhandlungsrunde nicht einmal auf den Tisch gelegt. Was, bitte, soll das denn?! Da ist der Unmut der Lehrergewerkschafter doch sehr verständlich. Denn zu sagen, die Lehrer hätten ja nur sagen müssen: "Zeigt her, was ihr noch im Angebot habt", dann hätte man eh noch mit ihnen darüber geredet, ist eigentlich ein Affront.

Aber auch die Lehrergewerkschaft hat an der Eskalationsschraube mitgedreht. Es gab eine obstruktive Stop-and-go-back-Taktik, ritualisierte, ermüdende und inhaltsleere Phrasen, die kaum verbergen konnten, dass man mit dem alten - einige Lehrergruppen explizit privilegierenden - Dienstrecht noch gut weiterfahren könnte. Und auch da eine Feindbildpolitik, die so gut wie keine Kritik akzeptiert, weil die Deutungshoheit über den Lehrerberuf fast ausschließlich "den Praktikern in der Schule" zugestanden wird. Auch diese Art der selbstimmunisierenden Kommunikation hat dazu beigetragen, dass die Lehrergewerkschaft und die Lehrer - man sollte sie nicht in eins setzen - ins Eck gedrängt wurden.

Da sollten sie nicht stehen. Eine Anordnung: hier die Regierung und "das Volk", das sie hinter sich wähnt, dort die Lehrer; wir die Guten, die die Bösen, ist für alle verhängnisvoll. Denn eine Gesellschaft, die den Dialog mit jenen abbricht, die ihre Kinder unterrichten, (mit-)erziehen, betreuen, fördern und ins Leben begleiten sollen, läuft Gefahr, eines der wichtigsten Scharniere nachhaltig zu beschädigen.

Allerdings müssen auch die Lehrer einsehen - für viele sowieso selbstverständlich -, dass sich ihr Beruf verändert hat bzw. verändern muss, weil sich die Gesellschaft verändert hat und die pädagogischen Standards dem alten Dienstrecht davongelaufen sind.

Das alles setzt aber etwas voraus, das in Österreich letztlich von der Politik und SPÖ und ÖVP verbockt wurde: Sie sind es, die bislang zu keiner offenen, ideologiefreien Diskussion über die Schule und die Lehrer, die es dafür braucht, in der Lage waren. In diesem Bereich sind sie einander leidenschaftlich feindschaftlich verbunden. Insofern ist die Lehrerdienstrechtsmalaise nur ein Symptom der bildungspolitischen Tristesse in diesem Land. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 20.11.2013)