Erinnert an lange Nachmittage im Kinderzimmer, soll aber die Medizin bereichern: Natalie Freiberger, Jelena Hrgovic, Alexander Leitner und Oliver Gangl (von links) mit ihrem Bioreaktor.

Foto: Standard/Hendrich

Wien - Unterricht: Das ist, wenn der Lehrer an der Tafel steht und irgendwas erklärt, während Schüler zuhören, reden, in ihre Hefte malen oder auf ihr Smartphone schauen. Frontalunterricht dominiert - Wissenschaft hält selten Einzug in die heimischen Klassenzimmer.

Eine Ausnahme ist die Schule der Technik (TGM) in Wien. Elektronik und Technische Informatik, Elektrotechnik, IT, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen, Kunststofftechnik und Biomedizin- sowie Gesundheitstechnik sind hier die Ausbildungszweige, in denen Schüler an technischen Innovationen tüfteln. Kooperationen mit Unternehmen und Wirtschaft sorgen dafür, dass die Ideen von Schülern oft umgesetzt werden können, wie etwa die Smartphone-App "AndriX": Die Handys sollen dabei über WLAN mit Robotern verbunden werden. Zum Einsatz kommen soll die App in der Industrie: Ein Produktionsleiter könnte auf seinem Tablet ablesen, was ein Industrieroboter gerade tut oder plant. "Vor allem geht es aber darum, jungen Leuten die Angst vor dem Programmieren zu nehmen", sagt einer der Schüler, die "AndriX" entwickelten. Auch in der Schule selbst soll die App deshalb eingesetzt werden: Der Handyprozessor übernimmt die bei Schülern meist unbeliebte Rechenarbeit für das Roboterbasteln. Ende November wird die App sogar auf einer Forschungskonferenz in Indonesien präsentiert.

Legosteine für die Forschung

Forschung hautnah erleben konnte auch ein anderes Schülerteam. Im Rahmen eines Praktikums und in Zusammenarbeit mit dem Technikum Wien zerbrach sich die vierköpfige Gruppe den Kopf darüber, einen Bioreaktor optimal zu programmieren.

Die Aufgabe des Reaktors ist es dabei, dem Körper entnommene Zellen zu optimieren. Dafür werden die Zellen auf ein Fibrinband gebracht, welches durch Magneten gedehnt wird. Bänder dieser Art könnten zum Beispiel Kreuz- oder Seitenbänder im Knie ersetzen. Bisher ist der Einsatz bei Menschen aber noch zu riskant. Der Körper würde die Fibrinbänder mit hoher Wahrscheinlichkeit abstoßen.

"In zehn bis fünfzehn Jahren ist die Forschung aber hoffentlich so weit" , sagen die Schüler, die hier mit ihrem Projekt einen Beitrag leisten wollen.

Der Prototyp des Bioreaktors sticht aufgrund seines Designs sofort ins Auge: Größtenteils besteht er aus bunten Legosteinen - sofort wird man an lange Spielnachmittage im Kinderzimmer erinnert. Aber: "Die Legosteine sind sehr genau gefertigt und außerdem in der Anschaffung billig. Deswegen eigneten sie sich bestens für den Bau", sagen die vier Schüler.

Für ihr Diplomprojekt entwickeln sie den Prototyp nun weiter - die Zellen können mittlerweile gedreht und die Temperatur besser reguliert werden.

Irgendwie doch wie die Lego-Nachmittage. (Philipp Koch und Sarah Lehner, DER STANDARD, 20.11.2013