Wien/Seattle - Mit heftiger Kritik am Online-Versandhaus Amazon wurde Mittwochabend in der Messe Wien die sechste internationale Buchmesse "Buch Wien" eröffnet. Die diesjährige Büchner-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff sprach als Eröffnungsrednerin über die Zukunft des Buches und wandte sich in starken Worten gegen den "Monopolkapitalisten": "Wenn ich eine Firma hasse, dann diese!"

"Amazon bezahlt keine Steuern in den Ländern, in denen dieser widerliche Club eine Menge Geld verdient, er bezahlt seine Angestellten empörend schlecht, ruiniert die Buchhändler und zunehmend auch die Verlage." Mittlerweile gebe es in manchen Stadtteilen von Rom, wo die 59-jährige gebürtige Stuttgarterin derzeit als Stipendiatin der Villa Massimo lebt, keine Buchhandlung mehr. "Das, mit Verlaub, ist eine ziemlich scheußliche neue Welt. Sollte es mir vergönnt sein, den Tod dieser verhassten Firma noch zu erleben - was leider nicht sehr wahrscheinlich ist - werde ich mit einem Jubelruf auf den Lippen ins Grab sinken", so die Autorin in dem Redemanuskript.

Leben ohne Bücher "nicht vorstellbar"

"Ebenso katastrophal wie die mir verhasste Firma sind tumbe neue politische Gruppierungen, deren oberstes Ziel es ist, die Urheberrechte zu schleifen und gleich alles kostenlos ins Netz zu stellen", so Lewitscharoff, für die ein Leben ohne Bücher "nicht vorstellbar" ist. Obwohl sie persönlich die traditionelle, haptische Form der Lektüre bevorzugt, hält sie das E-Book für keine vorübergehende Erscheinung. "Das elektronische Buch wird wohl so schnell nicht mehr verschwinden. An diese Art des Lesens werde ich mich jedoch nicht gewöhnen. Sie ist mir zu flüchtig, zu verschwindibushaft." Seriöse Betreuung, Herstellung und Vertrieb des gedruckten Buches jedoch sei eine arbeitsintensive Angelegenheit, für die eine ganze Branche mit einer Vielzahl von Angestellten nötig sei. "Nur um den einen Strawanzel, der das Buch geschrieben hat, geht es beileibe nicht."

Ein schöneres Thema als die Zukunft des Buches sei jedoch die Vergangenheit, "besonders die jüngste Vergangenheit des österreichischen Buches. Denn wahrlich, meine werten Damen und Herren, Sie leben in einem literaturgesegneten Land. Innerhalb der deutschsprachigen Literatur gehört das Zwanzigste Jahrhundert ganz und gar den Österreichern", sagte Lewitscharoff. (APA, 20.11.2013)