Anhand von 538 Bernstein-Proben wurde die Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre untersucht. Die abgebildeten Bernsteine stammen aus Bitterfeld (Sachsen-Anhalt) und sind etwa 35 Millionen Jahre alt.

Foto: Ralf Tappert

Innsbruck - Ein internationales Forschungsteam unter Innsbrucker Leitung hat anhand von Bernstein-Proben die Zusammensetzung der Erdatmosphäre seit der Trias untersucht. Aus der isotopischen Zusammensetzung des Kohlenstoffes in den Proben schlossen die Forscher und Forscherinnen auf den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre. Dabei stellten sie fest, dass der atmosphärische Sauerstoffgehalt über weite Strecken der Erdgeschichte wesentlich niedriger war als bisher angenommen.

Für die Studie, die im Journal "Geochimica et Cosmochimica Acta" publiziert wurde, analysierte das Team mehr als 530 Bernstein-Proben aus allen wichtigen Vorkommen; die ältesten Proben stammen aus den Dolomiten und sind rund 220 Millionen Jahre alt.

Konservierende Eigenschaften

Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter machten sich für ihre Untersuchung die konservierenden Eigenschaften der Pflanzenharze zu Nutze: "Pflanzen binden im Zuge der Photosynthese atmosphärischen Kohlenstoff, der in seiner isotopischen Zusammensetzung über Millionen von Jahren in den Harzen erhalten bleibt und uns somit Rückschlüsse auf den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre ermöglicht", sagte Ralf Tappert vom Institut für Mineralogie und Petrographie der Universität Innsbruck.

Aus dem Verhältnis zwischen den beiden stabilen Kohlenstoffisotopen 12C und 13C in den analysierten Bernstein-Proben schlossen die Forscher und Forscherinnen auf die Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre und analysierten für eine größere Datensicherheit auch moderne Harze. 

Niedrigerer Sauerstoffgehalt als bisher angenommen

Bei den Untersuchungen stellte die Forschergruppe einen Sauerstoffgehalt zwischen 10 und 15 Prozent während der vergangenen 220 Millionen Jahre fest - also deutlich unter den heutigen 21 Prozent. Das sei deutlich geringer, als im Großteil anderer facheinschlägiger Untersuchungen für den angesprochenen Zeitraum bisher angegeben worden sei - als Beispiel wird die Kreidezeit (vor 65 bis 145 Millionen Jahren) mit bis zu angenommenen Sauerstoffwerten von 30 Prozent angeführt.

Auf Basis ihrer Ergebnisse plädiert das Forschungsteam für weitere Untersuchungen. So betrachtet Tappert die Theorie zum Gigantismus der Dinosaurier durch einen angeblich hohen Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre als widerlegt: "Der Einfluss des Sauerstoffes auf die Entwicklungsgeschichte des Lebens soll durch unsere Studie nicht geschmälert werden, aber der extreme Größenwuchs von Dinosauriern kann dadurch jedenfalls nicht erklärt werden", sagte der Mineraloge. (red, derStandard.at, 23.11.2013)