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Wien - "Dieser Apparat kann Leben retten." Mit diesem ins Gewissen zielenden Satz versuchte man heimische Telefonzellen vor möglichen Vandalen zu schützen. Joel Schumachers Phone Booth dreht dieses Szenario um, in dem er den Ort zum Schauplatz eines klaustrophobischen Thrillers macht - eine Idee, die der Großmeister des Suspense, Alfred Hitchcock, schon gehabt haben soll.

Stu Shephard (Colin Farrell), ein PR-Agent, der seine Erfolglosigkeit mit Arroganz kaschiert, sucht das öffentliche Telefon regelmäßig auf, um seine Seitensprünge in die Wege zu leiten. Er glaubt sich dort anonym, aber in einer Metropole wie New York hört stets jemand mit; in diesem Fall ein Scharfschütze mit moralischem Anliegen, der ihn mit geladenem Gewehr zur Einkehr überreden will.

Die Idee ist so simpel wie sensationalistisch, die perfekte Konstellation für ein B-Movie, das gesellschaftliche Zustände wie massenmediale Janusköpfigkeit in einer Spannungsformel zusammenführt.

Das Drehbuch stammt mit Larry Cohen denn auch von einem Autor, der Filme wie Schlagzeilen entwirft und damit zum Chronisten einer Gesellschaft des Spektakels wurde: Mit seinem Pulp-Klassiker God Told Me To (1976) hatte er schon einmal einen Killer zum metaphysischen Racheengel stilisiert. Und dass der Start von Phone Booth verschoben wurde, weil zeitgleich der Scharfschütze aus dem Raum Washington sein Unwesen trieb, kann man auch als weiteres Zeichen von Cohens Spürsinn werten.

Schumacher steht mit Arbeiten wie Falling Down oder 8MM durchaus in dieser Tradition, wenngleich meist mit reaktionärer Schlagseite. In Phone Booth hält er sich jedoch ans Konzept und mit ideologischen Schlüssen zurück: Nicht das vom Anrufer und zunehmend auch von unmittelbareren Personen wie einem Zuhälter, Polizisten oder eben Kameras bedrängte Opfer hat hier die besseren Dialogzeilen, sondern der von sozialen Ungereimtheiten getriebene Scharfschütze (dem Kiefer Sutherland seine sehr körperliche Stimme leiht).

Mit schelmischen Aufforderungen wie "TV brings out the worst in people, now you have the chance to redeem yourself" zwingt er Shephard peinliche Bekenntnisse ab, durch die Unterstützung manch hanebüchener Volte behält er die Kontrolle über das Geschehen und wird so zum Regisseur einer Real-Life-Soap, in der Forest Whitaker die Rolle des verständnisvollen Cops innehat.

Selbst Schumachers übertriebener Einsatz von optischen Übersteigerungsmittel wie Split-Screens, Zooms oder Fischaugen, die den Spielraum erweitern sollen, aber eher von fehlendem Vertrauen auf die Wirkung eines einzigen Schauplatzes zeugen, vermag diesen effizienten, 80 Minuten langen Vignetten um ein Bedrohungsszenario letztlich nichts anzuhaben. (DER STANDARD, Printausgabe, 6.8.2003)