Guelph - Ein "umweltfreundliches" Schwein entwickeln Wissenschafter der Universität von Guelph in der kanadischen Provinz Ontario: Das gentechnisch veränderte "Enviropig" kann anders als seine konventionellen Artgenossen Phosphor aus der Nahrung verdauen. Resultat: Um bis zu 75 Prozent weniger Phosphat im Schweinemist - und damit deutlich geringere Belastungen der Umwelt, vor allem des Grundwassers, wie die Forscher betonen.

Normale Schweine können Phosphor in der Nahrung nicht verdauen. Die Konsequenz: Was nicht verwertet wird, kommt hinten wieder raus - und gelangt damit in die Umwelt. Der Grund: Den Tieren fehlt von Natur aus das Enzym Phytase, das zur Aufschließung des Phosphors benötigt wird. Bei herkömmlicher Schweinemast füttern die Bauern Phytase daher häufig zu - was natürlich Zusatzkosten verursacht.

Transgen

Forscher unter der Leitung von John Philips und Cecil Forsberg haben in Guelph Ende der neunziger Jahre ein Segment eines Mäuse-Gens mit dem Phytase-Gen einer nicht-pathologischen Kette des Bakteriums Escherichia coli (K12) kombiniert. Dieses Transgen wurde in einen Embryo der Yorkshire-Schweinerasse eingebracht. Das Resultat: Das so erzeugte "Enviropig" - der Name ist mittlerweile als "Trademark" geschützt - produziert Phytase, die im Speichel das Phosphor aufschließt.

Der erste gentechnisch veränderte Yorkshire-Eber wurde 1999 geboren. Seither gibt es deutlich über 100 "Enviropigs" aus vier Generationen - "alle für Labor-Zwecke, noch nicht für die kommerzielle Züchtung", wie John Kelly von dem beim Öko-Schwein federführenden Uni-Projekt "MaRS Landing" in Guelph erläutert. "Das 'Phytase-Gen' ist über die vier Generationen stabil geblieben."

Allerdings sind die Ausfallsraten für die transgenen Schweine noch sehr hoch: Die "Erfolgsquote" der Würfe liegt im Prozentbereich, und die Würfe sind auch kleiner. Aber daran wird von den Forschern ebenfalls bereits gearbeitet, um akzeptable Voraussetzungen für den normalen Zuchtbetrieb zu gewährleisten.

Vorerst gibt es aber weder eine Genehmigung für die agrarische Zucht noch eine Zulassung des Enviropig-Fleisches als Nahrungsmittel. Kelly betont: "Wir haben bisher keinerlei Hinweise gefunden, dass das Fleisch des 'Enviropig' irgendwie anders wäre als jenes von herkömmlichen Schweinen. Der Themenkomplex von 'Transgenen' ist aber natürlich kontroversiell. In Kanada existieren diesbezüglich jedoch weniger Vorbehalte als in Europa. Kein Wunder, wo doch beispielsweise bereits über 70 Prozent des angebauten Rapses transgen sind."

Das Enviropig könnte also - einmal kommerzialisiert, was nach Einschätzung von Kelly frühestens in zwei Jahren möglich wäre - ein Öko-Problem der Schweinezucht entschärfen. Es löst aber natürlich nicht die grundsätzlichen Probleme der Massentierhaltung und der Fleischproduktion in großem Stil.

Und ein weiterer, äußerst "anrüchiger" Faktor bleibt von "Enviropig" ebenfalls unbeachtet: "Der Gestank ist leider der gleiche", räumt Forsberg ein. Verantwortlich dafür ist der Stickstoff im Schweine-Urin. Aber auch der könnte ja - etwa mit einem "Enviropig" der zweiten wissenschaftlichen Generation - irgendwann einmal ebenfalls gentechnisch "weggezaubert" werden... (APA)