Aufnahme eines 1,5 cm großen Exemplars der Rippenqualle Mnemiopsis leidyi.

Foto: Javidpour Jamileh, GEOMAR

Kiel - Die amerikanische Rippenqualle, eine erst in den letzten Jahren in die Ostsee eingewanderte Art, ist biologisch gesehen ein sehr einfacher Organismus. Um so erstaunlicher ist es, dass das Immunsystem der Rippenqualle lernfähig ist und Bakteriengruppen wiedererkennen kann. Das besagt eine Studie, die Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Instituts für Klinische Molekularbiologie der Universität Kiel in der Fachzeitschrift "Biology Letters" veröffentlichten.

Die Rippenquallenart, auch unter dem Namen Meereswalnuss oder Mnemiopsis leidyi bekannt, rückte vor einigen Jahren in den Fokus der Kieler Meeresforscher.Eigentlich vor der nordamerikanischen Küste beheimatet, tauchte die Art damals in der Nord- und Ostsee auf. Da sich die Rippenqualle unter anderem von Fischeiern und -larven ernährt, befürchtete man bei einem raschen Ausbreiten negative Folgen für das Ökosystem des Ostseeraums.

Reaktives Immunsystem

Die Wissenschafter befassten sich daher mit der Widerstandsfähigkeit der Tiere und versuchten herauszufinden, wie das Immunsystem dieser sehr einfachen Organismen funktioniert; Neben Schwämmen machen die Tiere, die trotz vieler Ähnlichkeiten nicht zu den echten Quallen gezählt werden, die ursprünglichsten mehrzelligen Meereslebewesen aus.

"Wir haben die Quallen mit unterschiedlichen Bakterien 'geimpft'", erläutert der Biologe Sören Bolte. "Es zeigte sich, dass die Ausprägung von Immungenen nach einer zweiten Bakterieninjektion durch die erste Behandlung beeinflusst wird", so Bolte weiter. Die Reaktion des Immunsystems sei unterschiedlich ausgefallen, je nachdem ob zweimal das gleiche Bakterium oder jeweils unterschiedliche Bakterien injiziert wurden.

Daraus schließen die Forscher, dass es in diesen einfachen Tieren ein sogenanntes "spezifisches Immun Priming" gibt, also eine plastische Immunantwort, die unterschiedliche Bakteriengruppen erkennen und sich merken kann. Dies konnte in früheren Arbeiten der Mitautorin Olivia Roth schon bei Insekten gezeigt werden. Für primitive wirbellose Tiere wie die Rippenqualle sei diese Erkenntnis aber vollkommen neu.

Erklärung für rasche Ausbreitung

Das flexibel reagierendes Immunsystem könne den Invasionserfolg der Rippenqualle mitunter erklären, so Bolte. "Natürlich müssen Randbedingungen wie Temperatur und Salzgehalt stimmen, aber die Fähigkeit sich gegen Feinde zu wehren, ist entscheidend für eine Art, die in eine neue Umgebung einwandert", so der Biologe.

Die amerikanische Rippenqualle habe sich in den vergangenen Jahren allerdings nicht in dem Ausmaß in der Ostsee ausgebreitet, wie Forscher zunächst befürchtetet hatten. Derzeit sei sie vor allem in der Nordsee anzutreffen. (red, derStandard.at, 1.12.2013)