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Von Traumata betroffene Soldaten haben offensichtlich massive Barrieren, die sie davon abhalten, sich den zuständigen Institutionen anzuvertrauen.

Foto: AP/dapd/Axel Schmidt

Zwar erreichen Posttraumatische Belastungsstörungen, die auf Auslandseinsätze der deutschen Bundesweh bezogen sind, nicht das ursprünglich befürchtete Ausmaß, wesentlich unterschätzt wurde aber das Risiko anderer einsatzbezogener psychischer Störungen.

Das geht aus einer Querschnittstudie mit deutschen Soldaten hervor, die in Afghanistan im Einsatz waren. Unter dem Titel "Prävalenz, Inzidenz und Determinanten von traumatischen Ereignissen, Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und anderen psychischen Störungen bei Soldaten mit und ohne Auslandseinsatz" wurde sie von einem Psychologenteam der TUD bereits im Jahr 2011 abgeschlossen.

Nun liegen auch die Ergebnisse einer Längsschnittstudie vor, die Soldaten unmittelbar vor und durchschnittlich zwölf Monate nach Einsatzrückkehr in ähnlicher Weise wie bei der Querschnittstudie untersucht hat.

Hohes Belastungsausmaß & traumatische Ereignisse

Die Ergebnisse: Auslandseinsätze der deutschen Bundeswehr gehen mit einem hohen Belastungsausmaß einschließlich traumatischer Ereignisse einher, die offensichtlich massiv das Ersterkrankungsrisiko für Angststörungen sowie den Beginn einer Alkoholabhängigkeit erhöhen.

Zudem haben Soldaten mit einer Vorgeschichte an affektiven Störungen ein erhöhtes Risiko, eine depressive Episode zu erleiden. Es finden sich ferner Hinweise darauf, dass nach dem Einsatz vorbelastete Soldaten häufiger multimorbid erkranken.

Die konkreten Ergebnisse der Studie präsentierte der Leiter der Studie Hans-Ulrich Wittchen vom Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der TU Dresden am 26. November auf einer Pressekonferenz in Berlin. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Einsatzbezogene psychische Störungen werden nicht hinreichend frühzeitig erkannt, selten diagnostiziert und noch seltener behandelt. Dies gilt sowohl für die Inanspruchnahme bundeswehrinterner wie auch außerhalb der Bundeswehrstrukturen aufgesuchter Dienste.

Dunkelziffer etwa 50 Prozent

Unter äußerst liberaler Kriterien für eine "Behandlung" mit zumindest einmaligen Kontakt zu Professionalisten, kann die Dunkelziffer für Posttraumatische Belastungsstörungen und andere psychische Erkrankungen auf etwa 50 Prozent geschätzt werden.

Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist der herausragende Stellenwert psychischer Vorerkrankungen. Diese erweisen sich als machtvoller und stärkster Prädiktor für einsatzbedingte Folgeerkrankungen. Für die Bundeswehr ergibt sich daraus die Herausforderung eines verbesserten klinisch-diagnostischen Screenings vor Einsätzen, um bereits vor dem Einsatz bestehende psychische Störungen zu erkennen.

Ziel eines solchen Screenings sollte primär sein, den Betroffenen das Vorliegen einer psychischen Störung ebenso wie das sich daraus ergebene erhöhte einsatzbezogene gesundheitliche Risikopotential bewusst zu machen. Daran anschließend sollte eine vertrauliche Beratung eventuell angezeigter präventiver oder therapeutischer Schritte erfolgen. Keinesfalls sei es Ziel führend, so ermittelte unerkannte psychische Störungen aktenkundig zu machen, da dies die Gefahr der Stigmatisierung oder potentieller Laufbahnnachteile in sich birgt. 

Das ist auch ein zentraler Befund der Studie: Betroffene Soldaten haben offensichtlich massive Barrieren, die sie davon abhalten, ihre Leiden den zuständigen Diensten zu offenbaren. (red, derStandard.at, 26.11.2013)