Michael Spindelegger nennt im Interview seine Bedingungen für eine Koalition mit der SPÖ. Ein detaillierter Budgetpfad über die nächsten fünf Jahre gehört dazu.

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STANDARD: Offenbar knirscht es ziemlich bei der Bildung, da gibt es Streit um die Gymnasien. Was ist der Stand der Verhandlungen?

Spindelegger: Bein den Koalitionsverhandlungen müssen wir jetzt den Fokus auf die Probleme, die wir sehen, lenken. Das sind zum Beispiel die schlechten Pisa-Ergebnisse, das sind unterschiedliche Standards in den verschiedenen Schulen. Das heißt, wir müssen auch weiterhin differenziert nach unterschiedlichen Schulstandorten vorgehen. Das sind die wahren Herausforderungen, vor denen wir stehen.

STANDARD: Sie haben mit dem Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer einen Verhandler nominiert, der der Gesamtschule aufgeschlossen gegenübersteht. Rücken Sie von den Gymnasien ab?

Spindelegger: Der Salzburger Landeshauptmann sieht das so wie ich: Wir setzen bei den Problemen an, nicht bei Ideologien. Das Gymnasium geben wir nicht auf, da braucht niemand die Sorge haben.

STANDARD:  Man könnte die Gymnasien auch auf die Oberstufe beschränken.

Spindelegger: Ich kann Ihnen nur sagen: Von unserer Seite aus bleibt das Gymnasium bestehen, das ist ein ganz zentraler Punkt, und zwar über alle acht Jahre, Unter- und Oberstufe. Ich hielte es für völlig absurd, dass man das Gymnasium jetzt opfert, das wollen wir beide nicht, Hauslauer und ich. Es geht darum, Probleme zu lösen: Wir müssen bei den Grundfertigkeiten der Kinder ansetzen, das muss schon in der Volksschule trainiert werden: Rechnen, Schreiben, Lesen, auch Reden. Das ist aber auch schulstandortunterschiedlich. Das sind die wahren Herausforderungen.

STANDARD: Warum ist Ihnen das Gymnasium so wichtig? Ist das nicht eine reine Klientelpolitik?

Spindelegger: Wir brauchen das Gymnasium. Das ist eine begehrte und erfolgreiche Schulform. Wieso sollte ich das aufgeben? Niemals. Kinder haben unterschiedliche Begabungen und Neigungen, das differenzierte Schulwesen muss erhalten bleiben.

STANDARD: Ist das für Sie eine unabdingbare Koalitionsbedingung? Oder würden Sie auch ohne Gymnasien eine Koalition eingehen?

Spindelegger: Das steht für mich sicherlich nicht zur Disposition. Das Gymnasium muss bleiben, das ist ganz klar.

STANDARD: Unterschiedliche Auffassungen gibt es auch beim Sparkurs. Die SPÖ würde es gerne etwas lockerer angehen.

Spindelegger: Sorgsames Haushalten muss sein. Ich mache das ja nicht aus Jux und Tollerei oder um jemanden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Der Sparkurs ist notwendig, damit wir eine solide Basis haben. Wir brauchen ein ausgeglichenes Budget, damit wir wieder wettbewerbsfähig werden.

STANDARD: Was sind Ihre konkreten Forderungen?

Spindelegger: Wir brauchen für fünf Jahre eine solide Basis, wir müssen einen konkreten Kurs vorgeben: Wir müssen im Detail vereinbaren, wie wir diese 13 Milliarden an strukturellem Defizit für den Bund aufholen, was wir für Maßnahmen setzen. Ohne diese Eckpunkte geht es nicht. Das ist für mich die Grundvoraussetzung, dass wir zu einer Regierungsarbeit kommen. Daran führt kein Weg vorbei.

STANDARD: Welche Maßnahmen müssen das sein?

Spindelegger: Bei den Pensionen wie in der Verwaltung, bei den Förderungen, im Staatsganzen zwischen Bund und Ländern. Dort müssen Reformen Platz greifen.

STANDARD: Die SPÖ ärgert sich, dass die ÖVP ständig eine frühere Erhöhung des Frauenpensionsantrittsalters fordert.

Spindelegger: Mir ist wichtig, dass wir bei den Pensionen eine langfristige Sicherstellung gewährleisten können. Da muss man verschiedene Maßnahmen überdenken. Das tun wir gerade, die SPÖ muss sich da noch bewegen.

STANDARD: Auch beim Frauenpensionsantrittsalter?

Spindelegger: Wir müssen einen Weg vereinbaren, bei dem das Antrittsalter bei den Pensionen jedes Jahr steigt. Ohne diese Maßnahme werden wir den Haushalt nicht in Ordnung bringen können.

STANDARD: In der ÖVP herrscht Irritation darüber, dass Sie sich so wenig mitteilen und dass Ihre Kollegen in der Regierung nicht wissen, ob sie bleiben oder nicht.

Spindelegger: Dass es zu wenig Kommunikation gibt, kann ich nicht bestätigen.

STANDARD: Offenbar weiß die Finanzministerin nicht, ob sie bleibt, offenbar weiß es der Wissenschaftsminister nicht, ob es sein Ressort überhaupt noch geben wird.

Spindelegger: Da muss ich Ihnen sagen, ich weiß es auch nicht, ob ich bleibe oder nicht. Ich weiß derzeit noch nicht, ob wir überhaupt in eine Regierungszusammenarbeit mit der SPÖ gehen. Das ist die Grundvoraussetzung, um über Personalia reden zu können. Solange die großen Fragen nicht geklärt sind, kann niemand von mir erwarten, dass ich ihm sage, ob er einer Regierung angehört oder nicht.

STANDARD: Haben Sie für sich schon entschieden, ob Sie im Außenamt bleiben oder das Finanzministerium übernehmen?

Spindelegger: Wir haben über Fragen der Kompetenzaufteilung mit dem möglichen Koalitionspartner noch gar nicht geredet. Solange das nicht geklärt ist, gibt es auch keine Entscheidungen.

STANDARD: Wann wird die Regierung stehen?

Spindelegger: Wir können nur dann fertig werden, wenn für die großen Fragen Antworten auf dem Tisch liegen. Dort sind wir noch nicht.

STANDARD: Weihnachten?

Spindelegger: Qualität geht vor Schnelligkeit. Wir wollen eine solide Basis für die Zukunft unseres Landes legen. Die Basis für eine Zusammenarbeit ist für mich die Einigung auf Reformen und der Weg zu gesunden Finanzen wie ein strukturelles Nulldefizit. (Michael Völker, DER STANDARD, 30.11.2013)