Der lange Bart als Modeerscheinung.

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Pro
Von Ronald Pohl

Es müssen finstere Zeiten geherrscht haben, als lange Bärte aus der Mode kamen. Der bodenlange Bart ist göttlicher Herkunft. Er steht dem Schöpfer ausnehmend gut zu Gesicht. Die Flauschwolle verleiht Gott etwas Pfiffiges. Hinter seinem wallenden Bart kann der Allmächtige bequem ein Schmunzeln verstecken. Das ist praktisch. Schließlich brauchen die Menschen nicht zu wissen, wenn ihr Erzeuger sich über ihre Einfalt amüsiert.

Weil Gott aber teilt, hat er den Bart den Menschen geschenkt. Genauer gesagt: der unschöneren Hälfte der Menschheit. Ein solches Verhalten nennen wir "salomonisch" (König Salomon hat sich da offenbar einer göttlichen Denkfigur bedient). Seitdem sahen die Männer wieder etwas gleich. Bärte beherrschten das Straßenbild.

Doch halt: Im Zuge der Emanzipationsbewegung wurde abgerüstet. Gleiche Rechte für alle. Übrig blieben neckische Zitate des alten Überflusses: Klobrillenbärte, Rotzbremsen, Ziegen- und Walrossbartarten. Der Rest wanderte in die Suppe.

Kontra
Von Wolfgang Weisgram

Aber sicher nicht! Mag sein, dass viele Frauen - die Pfirsichgesichtigen beherrschen ja nicht nur das Modebusiness, sondern auch das daraus resultierende Diktat - der virilen Kratzbürstigkeit der Dreitagesstoppeln überdrüssig geworden sind. Jetzt wünschen sie sich offenbar was zum Kraulen. Aber dafür sind Katzen da!

Langbärtigkeit entstellt den Mann. Und unter der Anleitung perfider Hersteller von Bartwichsen und -binden wird so mancher dazu verführt, sich zum Gecken zu machen. Keiner kampelt das Kinn! Andererseits bringt der im maskulinen Normalfall eh nicht zu derschupfende Pflegeaufwand beklagenswerte Unreinlichkeiten: eingetrocknete Speichelfäden zum Beispiel, unschöne Speisereste oder nikotinhaltige Verfärbungen.

Lange Bärte sind - siehe Hotzenplotz, Rübezahl et alii - höchstens Berufs- oder Berufungsbürden. Aber keiner schaut doch freiwillig aus wie ein Pope, ein Mullah, ein Rabbi oder ein grauperter Weisgram. (Rondo, DER STANDARD, 6.12.2013)