Die "Oben"-Betreiber (im Uhrzeigersinn): Axl Schreder, Clemens Jahn (nicht mehr dabei), Franziskus Kriegs-Au, Michael Stefanofsky.

Foto: Oskar Schmidt

Im Artspace im Obergeschoß des Hauses in der Lehargasse wird bis April Kunst gezeigt.

Foto: Michael Stefanofsky

Zwei weiße Plakate mit dem schwarzen Schriftzug "Oben" und darunter zwei Pfeilen, die nach oben zeigen, kleben vor dem Treppenaufgang des historischen Gebäudes in der Lehargasse 7 im sechsten Wiener Gemeindebezirk. Die ehemalige Telefonzentrale der k.u.k Post- und Telegrafenverwaltung um die Ecke des Naschmarktes stand zehn Jahren leer, bis der Immobilien-Unternehmer Daniel Jelitzka den Film- und Medienproduzenten Michael Stefanofsky fragte, ob ihm zu dem Haus nicht etwas einfallen würde.

Junge Künstler mit nach oben nehmen

Daraufhin setzte sich Stefanofsky mit Axl Schreder (Café Francais), Franziskus Kriegs-Au (Galerie Stadthaus) und Clemens Jahn (Grelle Forelle) zusammen. Bald entstand die Idee, die Räumlichkeiten als temporären Artspace zu bespielen und das Projekt "Oben" zu nennen. Der Name steht dafür, namhafte Künstler auszustellen, die junge Künstler "mit nach oben" nehmen, erklärt Schreder.

Alle zwei bis drei Wochen werden im Obergeschoß des Gebäudes neue Kunst und Installationen gezeigt. Den Auftakt machte Hans Weigand mit einer Vernissage seiner Bilder am 19. November, bei der rund 600 Gäste anwesend waren. "Wir wollen damit den Stillstand, den es in Wien gibt, aufhalten und zeigen, was möglich ist", sagt Stefanofsky. "In Städen wie London oder Berlin sind derartige Projekte viel schneller möglich als in Wien."

Kunst auf Zeit

Mindestens bis April dürfen die "Oben"-Betreiber (Clemens Jahn ist mittlerweile aus dem Projekt ausgestiegen) die Räumlichkeiten mittels eines Nutzungsvertrags bespielen. Bezahlen müssen sie dafür nur einen Beitrag zu den Betriebskosten. Im April wird der Gründerzeitbau generalsaniert. Im Obergeschoß entstehen dann Büros.

Ateliers für junge Künstler

In den leerstehenden Räumen in unteren Stockwerken haben sich außerdem zwölf - vorwiegend junge - Künstlerinnen und Künstlern temporäre Ateliers eingerichtet. Die Künstler wurden aufgrund von persönlichen Kontakten und Empfehlungen ausgewählt. "Wir hatten zunächst Bedenken, zwölf Wahnsinnige zusammenzubringen", sagt Stefanofsky. Bislang verlaufe das Arbeiten in den Ateliers aber fruchtbar und harmonisch.

Bezahlen müssen sie für die Nutzung der Ateliers nichts. Einen Obulus müssen die Künstler aber dennoch leisten. "Am Ende der Zwischennutzung suchen wir uns das eine oder andere Stück aus, das während der Zeit hier entstanden ist", sagt Schreder. Außerdem schwebt ihm eine Auktion vor, deren Erlös die Künstler erhalten sollen.

"Kunst trifft Wirtschaft"

Nach dem Motto "Kunst trifft Wirtschaft" wolle man außerdem potenzielle Käufer in die Räumlichkeiten bringen. Gelingen soll dies unter anderem durch die Etablierung eines hausinternen Clubs für ZeitgenossInnen in einem zweiten Raum im Obergeschoß.

Dieser wird künftig in etwa einmal im Monat stattfinden, ist aber keine öffentliche Veranstaltung. Mitfeiern dürfen Menschen, die auf der Gästeliste stehen. Diese setze sich laut Schreder aus der Szene und wirtschaftstreibenden Leuten zusammen. Die Partygäste sollen aber nicht nur zum Feiern kommen, sondern sich auch in den Ateliers der jungen Künstler umsehen. "Auf diese Weise soll eine Symbiose aus bekannten Künstlern und jungen unbekannten Künstlern entstehen", sagt Stefanofsky.

Jeder kann nach oben

Für den Club anmelden kann man sich demnächst mittels eines Meldezettels auf der Website. Dort muss zum Beispiel angekreuzt werden, an welchen Veranstaltungen man interessiert ist und woher man "Oben" kennt. Die Einladung erfolgt dann per E-Mail oder SMS. Außerdem gibt es ab dem 11. Dezember regelmäßig an mehreren Tagen der Woche eine Tagesbar, die ab dem frühen Nachmittag für alle Interessierten geöffnet ist.

"Mit Oben meinen wir nicht, dass das ein Projekt für die oberen Zehntausend ist", erklärt Schreder. Im Gegenteil: Man wolle zeigen, dass jeder nach oben kommen kann, wenn ihm Raum und Möglichkeiten dafür gegeben werden. Auch nach April wollen Schreder, Stefanofsky und Kriegs-Au ihr Konzept weiterverfolgen. "Das hier hat keinen Anfang und kein Ende. Der Wanderzirkus geht weiter und wir haben dafür bereits neue Immobilien in Aussicht", sagt Schreder. (Elisabeth Mittendorfer, derStandard.at, 6.12.2013)