Äste als Werkzeuge zur Wasservogeljagd: Alligatoren in Louisiana lockten damit Reiher auf der Suche nach Nistmaterial an.

Foto: Wladimir Dinets

Reptilien zählen nicht unbedingt zu den intelligentesten Tieren - sollte man zumindest annehmen. Umso verblüffender ist daher eine Beobachtung, die ein Biologe von der University of Tennessee in Knoxville bei Krokodilen und Alligatoren gemacht hat: Die Panzerechsen setzten bei ihrer Jagd auf Wasservögel in geschickter Weise Zweige und andere Pflanzenteile ein. Damit dürfte es sich um den ersten dokumentierten Fall von Werkzeuggebrauch unter Reptilien handeln.

Der Verhaltensökologe Wladimir Dinets wurde im Jahr 2007 bei Sumpfkrokodilen (Crocodylus palustris) in einem indischen Zoo auf das ungewöhnliche Verhalten aufmerksam: Die Tiere lagen nahe einer Kolonie von Reihern an der Wasseroberfläche auf der Lauer. Auf ihren Schnauzen balancierten sie dabei kleine Äste, die die Vögel zu dieser Zeit für ihren Nestbau sammelten. Sobald sich einer der Reiher das Nistmaterial holen wollte, schnappte das Krokodil zu.

Fasziniert von dieser Beobachtung begann Dinets an vier unterschiedlichen Orten im US-Bundesstaat Louisiana Alligatoren (Alligator mississippiensis) zu studieren. Tatsächlich stellte der Forscher auch hier dasselbe Verhalten fest. Eine genaue Untersuchung belegte, dass die Reptilien in der Nähe von Reiherkolonien während deren Nestbauzeit durchschnittlich wesentlich öfter Zweige auf ihre Schnauzen legten.

Dinets selbst beobachtete nur eine einzige Attacke der Alligatoren auf die Vögel, die von Erfolg gekrönt war. Dagegen berichteten zwei Co-Autoren der im Fachjournal "Ethology Ecology & Evolution" erschienenen Studie aus ihrer 13-jährigen Arbeit in einem Naturreservat in Florida von zahlreichen Angriffen auf Wasservögel, die sich von den Zweigen auf den Panzerechsen-Schnauzen anlocken ließen. (red, derStandard.at, 06.12.2013)