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Michael Häupl dürfte trotz weihnachtlichen Schmucks im Bundeskanzleramt noch nicht ganz milde gestimmt sein, den Anfragen der Medien stellte er sich mit dem ihm typischen Widerwillen.

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Unternehmensbeteiligungen der Republik

Grafik: Der Standard

Wien – An sich sollten die koalitionären Finanzverhandler beraten, wie die drohende Lücke im Staatshaushalt gestopft wird. Dennoch ging es bei ihrer Gesprächsrunde am Montagnachmittag auch um neue Ausgaben. Wie Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) im Vorfeld verriet, soll die Familienbeihilfe nun doch erhöht werden. Die Länder hätten sich massiv eingesetzt, in dieser Frage Flagge zu zeigen, erzählt Pröll. Letztlich habe es breiten Konsens gegeben.

Potenzielle Finanzierungsquelle: Offenbar gibt es Budgetmittel, die für den Ausbau der Ganztagsschule reserviert sind, aber nicht abgeholt wurden. Dieses Geld könnte umgeschichtet werden. Allerdings hatte die Regierung die Rücknahme der im Wahlkampf versprochenen Erhöhung bereits als Sparmaßnahme verkauft.

Um das Budget dennoch auf Schiene zu halten, haben SPÖ und ÖVP einen Konsolidierungsplan erarbeitet, vorerst nur für 2014 und 2015. Nächstes Jahr will die Koalition in spe durch einen Mix aus Einsparungen und Steuern rund zwei Milliarden auftreiben.

Auf Ausgabenseite verbuchen Rot und Schwarz 250 Millionen aus Eingriffen im Pensionsbereich (DER STANDARD berichtete), die Verlängerung und Ausweitung des Aufnahmestopps im öffentlichen Dienst und Kürzungen der Ermessensausgaben der Ministerien.

Sehr kleinteilig ist die vorläufige Liste der zusätzlichen Einnahmen. Verbucht ist die bereits bekannte Extraabgabe auf "Luxuspensionen". Unternehmen müssen um bisherige Vorteile aus der Gruppenbesteuerung ebenso fürchten wie um den Gewinnfreibetrag – dieser soll nur noch bei nachweislichen Investitionen gewährt werden. Überdies sollen Arbeitgeber für jeden Mitarbeiter aber der elften Überstunde pro Woche einen Euro abliefern.

Sekthersteller schäumen

Dass "Golden Handshakes" – wie von der ÖVP gewünscht – nicht mehr steuerlich begünstigt werden, würden Arbeitgeber wie Arbeitnehmer spüren. Die SPÖ dürfte durchsetzen, dass Managergehälter ab 500.000 Euro die längste Zeit absetzbar waren. Auch teure Dienstautos sollen sich in höherer Steuerleistung niederschlagen.

Apropos Autos: Geplant sind Erhöhungen der Normverbrauchsabgabe und der motorbezogenen Versicherungssteuer. Auch auf Tabak und Alkohol – konkret Schaumweine – sollen die Steuern angehoben werden. Das heimische Sektkomitee reagierte bereits empört, die Branchenvertreter drohen mit Abwanderung.

Ebenfalls Thema: Privatisierungen. Für Kanzler Werner Faymann (SPÖ) kommt ein Verkauf der Staatsanteile an der OMV nicht infrage – er verwies auf einen Syndikatsvertrag mit Abu Dhabi. Von ÖVP-Seite schielt man jedoch besonders auf die Post, an der die Republik noch 52,85 Prozent hält: Zieht sich der Staat auf Sperrminorität von 25 Prozent zurück, wäre "die größte Stange Geld drinnen". Wenn die Post bei den Privatisierungen nicht dabei ist, sagt ein Insider, "kommen nicht einmal Milliardenbeträgen zusammen".

Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl wünscht sich mehr Tempo. In die Regierung will er nicht mehr, das habe er auf seine innere Stimme gehört.

"Schon fallen die Ersten in der SPÖ um"

Wien - Mit der Auflistung ihrer Erfolge waren die Landeshauptleute diesmal recht schnell durch: Die Familienförderung soll nun doch erhöht werden, berichtet Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), da hätten sich die Länder durchgesetzt. Pause. Die Verlängerung des Finanzausgleichs bis 2016 ist so gut wie durch. Sonst gebe es wenig zu berichten. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) ergänzt: Es gebe "noch viel zu tun".

Zähne ausgebissen

Wo sich die Länder, und insbesondere Pröll und Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) nicht durchsetzen konnten: Bei der von ihnen so hartnäckig betriebenen "Verländerung" der Lehrer. Da bissen sich die beiden an Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek die Zähne aus. Derzeit sind nur die Pflichtschullehrer den Ländern unterstellt, Lehrer an höheren Schulen sind Bundeslehrer. Aus Prölls Sicht habe die Beamtenministerin, die auch als nächste Unterrichtsministerin gilt, "eine Chance nicht wahrgenommen". Die Vehemenz, mit der sie ihren Standpunkt vertrat, hat offenbar zu Irritationen bei den – männlichen – Landeschefs geführt.

Platter verbindet das mit der Forderung nach einer umfassenden Verwaltungsreform: "Da lauern Millionen", sagt er im Standard-Gespräch. "Die doppelte Verwaltung der Lehrer durch Bund und Länder gehört endlich beseitigt." Der Bund solle sich auf Grundsatzgesetzgebung und Qualitätssicherung konzentrieren, während der gesamte operative Bereich über die mittelbare Bundesverwaltung bei den Ländern abgewickelt werden könnte. Platter: "Wir waren noch nie so weit, schon fallen die Ersten in der SPÖ wieder um. Weiterwursteln wie bisher geht aber nicht."

Die Einspareffekte, die bei einer Verländerung der Lehrer von den Landeshauptleuten angenommen werden, werden von Experten massiv in Zweifel gezogen. "Die Arbeit muss ja trotzdem gemacht werden", sagte ein Insider zum Standard, unabhängig davon, ob man aus den Landesschulräten, die derzeit formal Bundesbehörden sind, eine Landesbehörde mache.

"Provinzialisierung"

Und billiger werde die Sache durch eine Verländerung erst recht nicht, weist der mit den Verhandlungen vertraute Experte auf ein weniger prominent diskutiertes Detail: Landesbedienstete verdienen in der Regel mehr als Bundesbedienstete. "Verländerung" unter dem Stichwort Verwaltungsreform zu verkaufen, sei "eher kontraproduktiv. Es würde in der Schulpolitik vor allem zu einem führen: Provinzialisierung."

Die SPÖ hat bei diesem Thema keine einheitliche Linie: SP-Staatsreformverhandler Niessl spricht sich für die Verländerung der Bundeslehrer aus und verweist auf einen Beschluss der Landeshauptleute. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser ist wie Heinisch-Hosek dagegen. Wiens Bürgermeister Michael Häupl macht sich darüber kein Kopfzerbrechen: Er könne auch mit der Fortsetzung des Status quo leben.

Das können die Lehrer mit Blick auf das neue Dienstrecht nicht, einen Streik an den AHS wird es aber vorerst nicht geben. Ein Antrag der Unabhängigen Gewerkschaft für einen Warnstreik am Montag wurde im ÖGB abgelehnt. (Gerald John, Katharina Mittelstaedt, Lisa Nimmervoll, Michael Völker, Nina Weißensteiner DER STANDARD, 10.12.2013)