In einer der ganz großen gesellschaftlichen und politischen Konfliktthemen unserer Zeit zeichnet sich eine radikale Wende ab. Nachdem in den vergangenen Jahrzehnten gegen Drogenhandel und Drogenkonsum fast nur mit Mitteln der Exekutive und Justiz vorgegangen wurde, ist seit einigen Jahren die Legalisierung im Vormarsch. Die Entscheidung des Parlaments von Uruguay, den Besitz von und den Handel mit Marihuana offiziell zu erlauben, ist ein Meilenstein in diese Richtung.

Dass dies überhaupt möglich ist, hängt vor allem mit Entwicklungen in den USA zusammen. Dort wurde der „Krieg gegen Drogen" seit den frühen Achtzigerjahren immer härter geführt, doch mit immer weniger Erfolg. Drogenkonsum ging nicht zurück, dafür aber stiegen die Kosten dieser unbarmherzigen und unrealistischen Politik: überfüllte Gefängnisse, tödliche Gewalt unter rivalisierenden Drogenbanden und der Zerfall der Staatsgewalt in Mexiko und anderen lateinamerikanischen Staaten.

Radikale Wende in den USA

Aber schon vor einigen Jahren hat in den USA ein Umdenken eingesetzt, vor allem in einigen westlichen Bundesstaaten wie Colorado, Washington und Kalifornien. Dort wurde Marihuana zuerst inoffiziell (über den Vorwand medizinischer Nutzung) und nach Volksabstimmungen schließlich formell legalisiert.

Nun hat mit Uruguay erstmals ein ganzes, wenn auch kleines Land diesen Weg beschritten. Es wird wohl nicht das letzte sein. Denn vor allem bei Cannabis sind Verbot und Strafverfolgung inzwischen so überholt wie einst die Alkoholprohibition in den USA.

Alle Studien belegen, dass legaler Konsum und kontrollierter Handel, begleitet von Therapie für wirklich Süchtige, der einzig sinnvolle Weg sind, um die gesellschaftlichen und individuellen Folgekosten von Drogen möglichst niedrig zu halten. Denn zum Verschwinden bringen lässt sich das Problem ohnehin nicht.

Härtere Drogen bleiben Problem

Allerdings ist man auf diesem Weg erst am Anfang. In Washington wird die Politik der Bundesstaaten zwar stillschweigend hingenommen. Aber gerade bei Republikanern gilt Drogenlegalisierung immer noch als Tabu. Zumindest kann man hoffen, dass die linke Regierung in Uruguay keinen Repressalien der US-Politik ausgesetzt sein wird.

Und selbst wenn Marihuana immer mehr toleriert wird, bleiben Kokain, Heroin sowie die synthetischen Drogen, die immer häufiger konsumiert werden, im Visier der Justiz. Bei diesen medizinisch und sozial gefährlicheren Suchtmitteln ist die Legalisierung viel umstrittener. Doch auch hier ist es notwendig, dass der Staat vorbeugt und hilft, statt stur zu bestrafen.

In Europa ist die Politik inzwischen beim Thema Drogenliberalisierung im Rückstand. In Portugal und Tschechien wurde zwar offiziell Straffreiheit für Drogenkonsum verkündet, aber in den meisten Ländern steht man beim Kiffen mit einem Fuß im Kriminal.

Gleichschritt in Europa notwendig

Nun müsste auch in der EU eine breite Debatte einsetzen, wie der gelegentliche Konsum ermöglicht werden kann, ohne dass vor allem Jugendliche schon frühzeitig abhängig werden. Die Staaten müssten hier im Gleichschritt marschieren. Denn wenn ein Land bei der Toleranz vorauseilt, zieht es Junkies aus anderen Staaten an und schafft sich damit gewaltige Probleme. Das haben die Niederlande und die Schweiz schmerzhaft erlebt.

Auch in Österreich wäre es an der Zeit, Legalisierung nicht mehr als Randthema zu betrachten und Befürworter der Legalisierung – wie einst die Grünen – nicht mehr mit Slogans wie "Haschtrafiken" ins anarchistische Eck zu stellen. (Eric Frey, derStandard.at, 11.12.2013)