Bei der Verfolgung von Urheberrechtsdelikten im Internet haben es Rechteinhaber in Österreich viel schwerer als in Deutschland.

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Deutschland wurde kürzlich von einer Abmahnwelle überrollt. Weil sie Pornofilme auf der Videoplattform Redtube gestreamt haben sollen, wurden über zehntausend Nutzer zu einer Zahlung von 250 Euro aufgefordert. Es ist freilich nicht die erste Massenabmahnung, derartiges Vorgehen ist im Bereich Filesharing schon öfter passiert.

In Österreich gestaltet sich die Situation etwas anders. Der WebStandard hat sich bei Daniela Zimmer, Juristin der Arbeiterkammer Wien, informiert, was zu tun ist, wenn doch eine Abmahnung ins Haus flattert.

Abmahnungen in Österreich oft gefälscht

Abmahnwellen in dieser Form kennt man in Österreich nicht, erklärt Zimmer. Wenn Betroffene die AK wegen einer Abmahnung kontaktieren, handelt es sich oft um Fälschungen. Die Absender vertrauen darauf, dass sich manche der Adressaten einschüchtern lassen und den geforderten Betrag zahlen, obwohl das ihnen vorgeworfene Vergehen frei erfunden ist. Trittbrettfahrer sind auch im Zuge der Porno-Abmahnungen aufgetaucht und verschicken im Namen der Kanzlei U+C falsche Forderungen.

Dementsprechend wichtig ist es, solche Schreiben – die üblicherweise auf dem klassischen Postweg und nicht als E-Mail versandt werden – auf ihre Plausibilität und Authenzität zu prüfen. Dies bedeutet bei einer Anschuldigung bezüglich Filesharing etwa, nachzuvollziehen, ob man selbst oder eine andere Person, die den gleichen Internetanschluss nutzt, zur fraglichen Zeit überhaupt online war.

Abmahnungen müssen Angaben enthalten, wann, von welcher IP-Adresse aus welcher Tatbestand entstanden sein soll. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass Personen ohne Internetanschluss Ziel eines gefälschten Abmahnbriefes geworden sind. Ebenfalls ist zu untersuchen, ob die als Verfasser angegebene Person oder Kanzlei bzw. der vertretene Rechteinhaber überhaupt existieren.

Unterschiede

Stellt sich heraus, dass die Abmahnung einen realen Hintergrund hat, rät Zimmer dazu, sich umgehend rechtlich beraten zu lassen. Unter anderem muss nicht nur geklärt werden, ob der erhobene Anspruch haltbar ist, sondern auch, welches Recht zur Anwendung kommt. Insbesondere im Bereich urheberrechtlicher Delikte im Web gibt es zwischen österreichischem und deutschem Recht teils deutliche Unterschiede.

Während in Deutschland der Download von urheberrechtlich geschütztem Material definitiv dann ein Verstoß ist, wenn die Quelle klar als illegal zu erkennen ist, findet man in Österreich derzeit noch eine Grauzone vor. Strafbar ist allerdings in beiden Ländern der Upload von copyrightgeschütztem Material. Inwiefern Streaming nun einen Verstoß darstellen kann, ist hier wie da noch ungeklärt.

Ermittlung der Anschlusshaber in Deutschland einfach möglich

Abweichungen gibt es auch in Sachen Strafverfolgung. In Deutschland kann der juristische Vertreter eines Rechteeigentümers die Herausgabe der Daten der Anschlussinhaber von den Telekom-Unternehmen verlangen. Entsprechende Anträge müssen allerdings begründet und mit Beweismaterial versehen werden. Erst bei einer richterlichen Genehmigung – die zumindest bei Filesharingverdacht in der Regel erteilt wird - muss der Internetprovider reagieren.

Keine Handhabe in Österreich

In Österreich gibt es aktuell wesentliche rechtliche Hürden. Urheberrechtsverletzungen sind ein Privatanklagedelikt. Entsprechende Klagen werden also nicht nach Anzeige von der Republik geführt, sondern vom jeweiligen Rechteinhaber. Im Rahmen eines Vorverfahrens kann die Herausgabe von Nutzerdaten gefordert werden - hier wäre theoretisch auch der Zugriff auf Vorratsdaten möglich -, praktisch bleibt dies gemäß heutiger Rechtslage aber unbedeutend.

Denn Vorverfahren werden seit einer Erneuerung der Strafprozessordnung 2008 nicht mehr von den Gerichten, sondern von der Staatsanwaltschaft abgewickelt, die auch befugt ist, Auskünfte über Anschlussinhaber einzufordern. Die Staatsanwaltschaft ist aber für Privatanklagedelikte nicht zuständig, weswegen es hier keine Vorverfahren gibt.

Dies heißt, dass Rechteinhaber keine Möglichkeit haben, auf juristischem Wege herauszufinden, welcher Nutzer hinter welcher IP-Adresse steckt, um ihn gerichtlich zu belangen, wie ein von der "Presse" veröffentlichter Überblick über die Rechtslage zeigt.

Stillstand

Erst die Einführung von ACTA hätte die Rechtslage geändert. Theoretisch wäre bei als schwer eingestuften Urheberrechtsdelikten dann die Staatsanwaltschaft zuständig gewesen. Die Einführung des "Anti Counterfeit Trade Agreement" wurde allerdings – auch aufgrund heftiger Proteste – auf Eis gelegt. Zuletzt wurde diskutiert, Urheberrechtsverletzungen zu "Ermächtigungsdelikten" erklären zu lassen, so dass die Staatsanwaltschaft für die Verfolgung entsprechender Tatbestände zuständig wäre. (Georg Pichler, derStandard.at, 31.12.2013)