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Die künftige CEO Mary Barra (51) mit ihrem Vorgänger Dan Akerson, der sich mit 65 ganz zurückzieht, um seiner Frau gegen den Krebs zu helfen.

Foto: Reuters

Noch nie waren so viele Frauen mit naturwissenschaftlich-technischer Ausbildung an der Spitze der US-Superkonzerne. Xerox-Chefin Ursula Burns kommt aus dem Maschinenbau, IBM-Chefin Virginia Rometty studierte Computerwissenschaften und Maschinenbau, Sherilyn McCoy, CEO bei Avon, ist ebenso Chemikerin wie PepsiCo-Chefin Indra Nooyi. Und nun rückt mit der neuen GM-CEO Mary Barra die erste Frau an die Spitze der Autoindustrie - mit Ingenieursexpertise im Gepäck. Den größten Teil ihrer Karriere hat Barra, studierte Elektrotechnikerin, auch in techniknahen Positionen bei General Motors verbracht.

"Wir sind an einem Wendepunkt für Frauen", sagte Maria Klawe, Präsidentin des Harvey-Mudd-College in Kalifornien und Boardmitglied bei Microsoft, diese Woche zur Nachrichtenagentur Bloomberg: Mit Lockheed-Martin-CEO Marillyn Hewson (übrigens studierte Ingenieurin) sei die Verteidigungsindustrie aufgebrochen, zuvor sei bei IBM die Tech-Industrie geentert worden, "jetzt ist die Autoindustrie dran".

Frauenanteil in Chefsesseln

Rein statistisch sieht es noch nicht gut aus in den Chefsesseln der größten US-Firmen im S&P-500-Index: Nur fünf Prozent werden von Frauen geführt - 22 weibliche CEOs hat ein Report der Berater Spencer Stuart 2013 dennoch als höchsten je erreichten Frauenanteil in diesen Sphären ausgewiesen.

Nur zur Sicherheit: Die Wall-Street-Banken sind geschlossen in Männerhand. Aber: Da die Zahl der Frauen in der Position von Finanzvorständen (CFO) besonders stark ansteigt und von diesem Job ein kurzer Weg zum CEO-Sessel führt, dürfte sich bald noch mehr ändern.

"Das ist ein Weckruf", mahnte Jody Greenstone, Direktorin bei der TRW Automotive Holding via Bloomberg, "für alle Unternehmen, die noch keine Frauen in den Führungsgremien haben."

Barras Ruf an die GM-Spitze am Dienst dieser Woche hat doch für Überraschung gesorgt. Sie sei kein "car guy", sie habe kein Benzin im Blut, hieß es. Dass sie kein "Benzinbruder" sei, stimmt eigentlich aber nur auf das Geschlecht bezogen: geboren und aufgewachsen nahe Detroit, der Vater schon bei GM und die Tochter Anfang der 80er Werkstudentin beim größten Autobauer in Motown. Ihre beiden Vorgänger Dan Akerson und Ed Whitrace kamen von außen, Mary Barra kommt von innen.

Chefin, innen gewachsen

Die inzwischen 51-jährige Tochter eines Werkzeugbauers begann 1980 ihr Studium der Elektrotechnik am General Motors Institute, an dem sich GM damals die künftigen Ingenieure und Manager heranbildete. GM finanzierte ihr dann noch einen MBA in Stanford. Abgesehen von der Co-Führung des Personalressorts war sie meist technisch und produktionsnah tätig, leitete etwa ein Werk in Detroit. Knapp vor der Insolvenz 2008 bekam sie die Verantwortung für die Produktionstechnik weltweit.

Ein Makel aus den Jahren im Gläubigerschutz inklusive Milliarden-Staatshilfe scheint an Barra nicht zu haften - der Fokus liegt in den aktuellen Kommentaren zu ihrem Aufstieg darauf, dass ihr zugetraut wird, nun auch die kleineren Sorgenkinder (in Europa etwa Opel) in den Griff zu kriegen.

Ausgangsposition

Ihre Startbedingungen sind auch nicht ungünstig: Bis Jahresende will die US-Regierung alle ihre GM-Aktien wieder abgestoßen haben, "Government Motors" gilt dann als Spitzname nicht mehr. Die Aufwärtskurve an den Börsen mit der Unterlage von zusammen rund 20 Milliarden Dollar Gewinn in den vergangenen drei Jahren (Nettogewinn in den ersten neun Monaten 2013: 4,3 Mrd. Dollar) sieht komfortabel aus und gibt Spielraum für Modellkorrekturen und den Angriff auf Marktanteile.

"Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum sie nicht ein Riesenerfolg werden sollte", schickt Vorgänger Whitacre voraus, und Akerson sagt: "Mary ist eine der talentiertesten Führungskräfte, die ich jemals getroffen habe." Einfache Sprache abseits von Managerfloskeln, Klarheit, besondere Analysefähigkeit sowie direktes, offenes Zugehen auf Mitarbeiter werden an der zweifachen Mutter in ihren Führungsfunktionen rundum gelobt. (Karin Bauer, DER STANDARD, 14./15.12.2013)